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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 78
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Martin Ruch

und dabei der kleine Erich den Haupterfolg des Abends zu
verzeichnen hatte. Er hatte die Rolle des Schnorrers, der sich
für hiesige Neuigkeiten interessiert. Er kam mit Cylinder, kaputtem
Regenschirm, Schnupftabaks und farbigem Taschentuch
. Erich hat sich geradezu berühmt gemacht als Komiker,
die Begeisterung war ungeteilt. Emil kam befriedigt von dem
Fest ..Z'1

1940 schrieb der 72-jährige Elias Schnurmann (1868-1943),
der mit seiner Frau Rosa aus Offenburg nach Luxemburg geflohen
war, einen Brief an den Sohn Siegfried: „Mir geht es gottlob
besser; ich bekomme Spritzen für die Schmerzen, gestern hatte
ich zum ersten Male keine Rückenschmerzen mehr auf die Spritze
hin, man ist ein anderer Mensch wieder. (...) Kommenden Sonntag
ist Purim, es ist das erste Mal seit Jahren, daß ich keine Megilla
höre. Vater/'2

Und Arnold Lederer (geb. 1913 in Diersburg, 1923 nach Offenburg
, 1933 nach Frankreich): „Man kann sagen, daß das jüdische
Leben in Offenburg das Leben war einer kleinbürgerlichen
Gesellschaft. Es war ein inneres Leben und auf der anderen Seite
ein Leben in der Umwelt. Es gab natürlich ausgesprochen jüdische
Veranstaltungen, an Freudenfesten, wie z.B. der jüdische
Karneval, das Purimfest, wo die Jugend unter sich getanzt hat
und Theater gespielt wurde/'3 „Ich sagte ja bereits, schon als ich
Kind war, gab es keine große Gemeinde mehr hier. Die sogenannten
großen Purimbälle waren entweder in Offenburg oder
in Kippenheim, wo noch mehr Juden damals lebten. Man hat
Purim gefeiert. Man hat natürlich den Kindern gesagt, was
Purim ist und warum und als Kind hat man sich verkleidet.
Aber da es nur einige Kinder waren, hat es natürlich nicht denselben
Reiz gehabt, wie beispielsweise die Fasnacht. Fasnacht
hat man aber mitgefeiert, und auf diese Weise durfte man zweimal
feiern !"4

Auch in der Familie Cohn hat man Purim gefeiert. Sylvia
Cohn (1904-1942), Offenburger Dichterin5 aus jüdischem
Haus, hat dafür ein Purimspiel geschrieben. Den Anstoß dazu
gab ihr ein Wettbewerb: Da jüdischen Künstlern ab 1933 der
Zugang zu Kulturvereinigungen verwehrt wurde, gründeten
sie reichsweit einen „Kulturbund Deutscher Juden". 1935 gab
es mehr als 36 regionale oder lokale Kulturbünde mit etwa
70000 Mitgliedern in 100 Städten. Künstler, Schauspieler und
Maler, Dichter und Kunsthandwerker, Sänger und Musiker
traten in den jüdischen Kulturzentren und Synagogen auf und
sorgten für ein aktives Kulturleben. Auch Sylvia Cohn engagierte
sich im Kulturbund. Und als dieser im März 1935 reichsweit
ein Preisausschreiben veranstaltete, beteiligte sie sich mit


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