Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 96
(PDF, 86 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0097
96

Manfred Hildenbrand

krieg erschien und den schönen Titel „Zwiegespräche über den
Weltkrieg, gehalten mit den Fischen auf dem Meeresgrund"
trägt, dürfe es „keinen einzigen zum Totschießen seiner Mitmenschen
organisierten Soldaten auf Erden geben"29.

Heinrich Hansjakob war aber auch ein Mann der Widersprüche
. Seine große Freiheitsliebe machte ihn zum überzeugten
Demokraten, obwohl er in seinen Lebensgewohnheiten sehr
aristokratisch war. Er mischte sich gerne unter das Volk, blieb
aber im Grunde genommen ein Einsamer, der sich mit Vorliebe
in seine „Fluchtburgen", in sein „Dichterheim", die „Kartaus"
am Stadtrand von Freiburg, oder in sein Feriendomizil, in das
Gasthaus „Drei Schneeballen" in sein „Paradies" Hofstetten
zurückzog. Während er in seinen Büchern den Anschein erweckte
, als nage er am Hungertuch, ließ der Auflagenmillionär
sich im eigenen Zweispänner mit angestelltem Kutscher durch
die Lande fahren oder fuhr, wenn er die Eisenbahn benutzte,
nur erster Klasse. Er baute sich 1913 einen prachtvollen Landsitz
, den „Freihof" in Haslach, sowie bereits zu Lebzeiten 1903
eine aufwendige Grabkapelle mit Gruft in Hofstetten. Wie ein
Fürst liegt Hansjakob in seiner Gruft in einem Zinnsarg begraben
. Als Preußenhasser verehrte er den Urpreußen Otto von
Bismarck, als überzeugter Antisemit hatte er großes Verständnis
für die jüdische Religion und Tradition. Als Mann der Kirche
und Stadtpfarrer von St. Martin, der größten Pfarrei in Freiburg,
war er jahrelang Spitzel der badischen Regierung, die er fortwährend
mit Interna aus dem Erzbistum Freiburg versorgte.
Und sein Hass auf die „Wibervölker", wie er seine angebliche
Abneigung gegen die Frauen selbst bezeichnete, war nach all
dem, was wir aus seinem Privatleben wissen, auch nur eine
Pose.30

Chronist des Alltagslebens der Schwarzwälder Bevölkerung

In seinen „Volksbüchern" und Tagebuchblättern hielt Heinrich
Hansjakob mit Vorliebe das fest, was er sich von anderen,
meist einfachen Leuten aus ihrem Leben hatte erzählen lassen.
Bereits 1879 hat er im Vorwort zu seinen Jugenderinnerungen
„Aus meiner Jugendzeit" die Ansicht vertreten, „dass das Leben
des einfachsten und armseligsten Menschen es verdiente, aufgeschrieben
und veröffentlicht zu werden"31. Beim Aushorchen
seiner Gesprächspartner bediente sich Hansjakob der
Interviewtechnik. Besonders im Freiburger Altenheim, der
„Kartaus", wo er sein „Dichterheim" hatte, kam er täglich mit
zahlreichen armen und alten Menschen zusammen, die oft ein
schweres Lebensschicksal hatten. Sie fragte er aus, und man-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0097