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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 133
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Joseph Victor von Scheffel: Zwischen Sehnsucht und Desillusionismus

Burckhardts Die Kultur der Renaissance in Italien (1860) begrenzt
wird, so hat man gleichsam die literarischen Parameter, auf die
das Versepos Der Trompeter von Säckingen und der historische
Roman Ekkehard. Eine Geschichte aus dem zehnten Jahrhundert
(1855) zu beziehen sind. Scheffels erste Werke gehören damit in
den Kontext einer sich herausbildenden historischen Identitäts-
findung, die - als Konstruktion einer ideellen deutschen „Kul-
turnation" - die Geschichte perspektivisch nach möglichen
Anknüpfungspunkten gemustert hat.

Ekkehard und die Anfänge des „Historischen Romans"

„Es war vor beinahe tausend Jahren. Die Welt wußte weder von
Schießpulver noch von Buchdruckerkunst"32, so beginnt Scheffel
seine Geschichte aus dem zehnten Jahrhundert Mit den ersten
beiden Sätzen des Ekkehard entrückt Scheffel den Leser in ein
von den fünfziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts weit
entferntes Mittelalter. Bläst man den Staub einmal weg, der sich
auf Scheffels Roman gelegt hat, dann wird schnell deutlich,
dass der Ekkehard als eine Projektionsfläche konstruiert ist, auf
die er seinen eigenen künstlerischen Anspruch beziehen und
zugleich den aktuellen politischen Status literarisch chiffriert
reflektieren konnte. „Der historische Roman wurde ihm nicht
zur Vorgeschichte der eigenen Zeit, sondern ihr kritisches Gegenbild
aus romantisierender Perspektive"33, konstatiert Fritz
Martini in seiner Geschichte der Deutschen Literatur im bürgerlichen
Realismus zutreffend - und dieses Gegenbild entstand aus
der Zerrüttung des eigenen Bewußtseins. Mit dem Ekkehard, so
kann man verkürzt sagen, gab sich Scheffel ein eigenes poetolo-
gisches Fundament, anders gesagt, formulierte er theroretisch
sein literarisches Programm. Den Künstler sah Scheffel als Gestalter
von Figuren, die im „Leben und Ringen und Leiden der
einzelnen zugleich"34 den „Inhalt des Zeitraums"35 wie im Spiegelbild
repräsentieren sollten. Den historischen Roman fasste er
zu diesem Zeitpunkt, damit ganz im Konsens der zeitgenössischen
Historiographie, als ein „Stück nationaler Geschichte"36.
Da „unser Denken und Empfinden unter der Herrschaft der
Abstraction und der Phrase geschädigt worden"37 sei, so formuliert
Scheffel 1855 in dem programmatischen Vorwort zur Erstausgabe
des Ekkehard, müsse die Literatur durch eine „schöpferisch
wiederherstellende Phantasie"38 wieder lebendig gemacht
werden. In seinem historischen Roman experimentierte Scheffel
daher spielerisch mit einem zwischen der literarischen Fiktion
und der historischen Authentizität vermittelnden poetischen
Verfahren, das historische Quellen unmittelbar in den


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