Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 264
(PDF, 86 MB)
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Stefan Woltersdorff

Für drei Tage wurde ein Hagenauer Schulgebäude zu Sartres
neuem und zugleich letztem Quartier im Elsass (neben dem
„Musee Historique"). Die angesichts der drohenden Niederlage
zunehmend verzweifelte Atmosphäre beschreibt er in einem
(undatierten) Brief an Simone de Beauvoir sowie in seiner Erzählung
La mort dans l'äme (1942):

£5 ist ein alter Bau aus rosa Sandstein; zwei Agaven in grünen
Kübeln flankieren den Eingang. Ein asphaltierter Hof davor, ein
Garten dahinter. Wir werden im Klassenzimmer der Jüngsten
schlafen (...). An den Wänden sind blaue und goldene Bilder angebracht
: die Jungfrau, das Jesuskind; auf Regalen stehen männliche
und weibliche Heilige in Gärtchen aus Gips. Es riecht nach
Kräutertee und Klosterschwester. Durch das offene Fenster reckt
eine große Linde voller Vögel ihre Äste bis ins Zimmer, und das
Licht dringt durch ihr Laubwerk. (...) „Total still hier", sagt
Dupin. Ja. Eine pflanzliche Stille, die nicht die Abwesenheit von
Lärm bedeutet: Da sind diese Tauben in dem dichten, grünen
Laubwerk, wie Grillen im Kräuterdickicht, diese schnurrenden,
funkelnden Motoren - man könnte es für den Klang der Sonne
halten - und dann diese Stadt, die gänzlich gegen uns ist, am
Ende des Gartens, auf der anderen Seite der Mauer, diese verbotene
Stadt.

(Sartre: Ecrits, S. 639, Ü: S.W.)

Vom Durst getrieben wagt sich der Ich-Erzähler mit seinen Kameraden
schließlich doch noch in die „verbotene" Stadt. In
Zentrumsnähe, vermutlich ist die „Rue de la Redoute" gemeint,
entdecken sie eine Kaschemme, deren Eingang Sartre wie das
Tor zur Unterwelt beschreibt. Es wird von einem unheimlichen
Finsterling bewacht, dem Kneipenwirt:

Wir gehen von Cafe zu Cafe und rütteln an den Türen. Schließlich
gibt eine nach, wir treten in einen niedrigen, gewölbten und
sehr düsteren Saal. Am Tresen steht ein Mann, den man kaum
erkennt.

„Kann man hier einen trinken?"

- „Na, dann kommt schnell rein. Und macht die Tür zu: Soldaten
darf ich nicht bedienen. Geht rüber ins Nebenzimmer."

(...) Der Wirt kommt zu uns, er wirkt italienisch, mit seinen langen
, schwarzen, nach hinten gekämmten Haaren und seinem
schwarzen Schnurrbart. Er trägt Pantoffeln und schlurft.
Er hat einen Seidenblick und ein brutales Lächeln.
„Was bringe ich euch?"

- „ Vier Schnäpse."


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