http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0580
Ausland. Beim Novemberpogrom 1938 wurde
das „Friedrich-Luisen-Hospiz" von Nationalsozialisten
überfallen. Die im Haus befindlichen
Kinder konnten aber vor gewaltsamen Übergriffen
geschützt werden.
Die Reichsvereinigung der Juden in
Deutschland verkaufte unter dem Zwang der
Verhältnisse das Heimgebäude 1941, es wurde
bis 1945 als Reservelazarett genutzt. Von 1945
bis 1949 diente es als Kinderheim der französischen
Besatzung. 1949 erhielt die damalige
Israelitische Landesgemeinde Baden das Heim
zurück. 1950 wurde das Gebäude an das Diakonissen
-Mutterhaus St. Chrischona in Bettingen
bei Basel verpachtet, das das Gebäude
1954 käuflich erwarb und es als Kindersanatorium
„Luisenheim" einrichtete, bis der
Chrischonaverband 1990 die Gebäude an die
„Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Gesundheitsforschung
" verkaufte, die zunächst
eine umfangreiche Sanierung durchführte. Im
Mai 1991 konnte dann die „Luisenklinik" eröffnet
werden, ein Akademisches Lehrkrankenhaus
der Universität Heidelberg.
Das Buch ist eine hervorragende Leistung
und hat wichtiges, bislang kaum erschlossenes
Quellenmaterial versammelt. Es nennt Namen
wie Bettina Falk, die letzte Leiterin des Hauses,
die 1942 deportiert und ermordet wurde und
zu deren Ehrung ein Erweiterungsbau im Jahr
2010 Bettina-Falk-Haus genannt wurde. Es
nennt aber auch Namen wie den des langjährigen
Hausarztes Paul Harraß, der sich 1936 als
60-jähriger mit „Bekenntnissen eines Arztes"
als glühender Anhänger des Nationalsozialismus
und Antisemit erwies - und dennoch bis
Oktober 1938 noch als Hausarzt für das Friedrich
-Luisen-Hospiz tätig war. Martin Ruch
Schumann, Ulrich Maximilian: Heinrich
Hübsch - Ein Wegweiser zu seinen Bauten in
der Technologieregion Karlsruhe. Bad
Saulgau, 2013, 96 S., 142 Zeichnungen.
Es ist eigentlich ein wenig überraschend, dass
es zu Heinrich Hübsch nur relativ wenige Veröffentlichungen
gibt. Das mag damit zusammenhängen
, dass er zu Unrecht immer ein
wenig im Schatten seines Lehrers und Vorgän-
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gers im Amt des badischen Baudirektors, Friedrich
Weinbrenner, gestanden hat. Umso sympathischer
ist es, dass ausgerechnet der Präsident
der Weinbrenner-Gesellschaft anlässlich
des 150. Todestages von Heinrich Hübsch eine
neue Publikation präsentiert. Herausgeber des
Taschenbuchs ist die Technologieregion Karlsruhe
. Es beschreibt folglich nur die Bauwerke,
die Hübsch in Nord- und Mittelbaden zwischen
Kronau und Bühl errichtet hat.
Der Autor ist Privatdozent für Baugeschichte
an der Architekturfakultät des Karlsruher
Instituts für Technologie und hat sich
über Weinbrenner habilitiert. Deshalb verwundert
es nicht, dass die Veröffentlichung
mehr als kurze Abrisse der Baugeschichte von
19 Sakral- und Profanbauten bietet. Verantwortlich
dafür ist vor allem die Einleitung, die
weit über einen Kunstführer hinausgeht und
den Charakter eines kurzen Essays hat. Da
geht es weniger um den Lebenslauf des Architekten
, der selbstverständlich gestreift wird,
als um eine Analyse des Werks von Heinrich
Hübsch, der im 19. Jahrhundert nicht nur als
Architekt, sondern auch als Architekturtheoretiker
große Bedeutung erlangte. Schumann
stellt die Frage, wie sich Hübsch selbst sah und
wie andere ihn gesehen haben und sucht vor
diesem Hintergrund - soweit das in einer sieben
Seiten umfassenden Einleitung überhaupt
möglich ist - nach einem neuen Ansatz zum
Verständnis von dessen Schaffen. Schumann
stellt klar, dass die architekturtheoretischen
Schriften des großen Karlsruher Baumeisters
nur bedingt helfen, seine Bauten zu verstehen,
denn Hübsch sei vor allem auch Praktiker gewesen
. Eigenwillig, farbig, materialbetont und
sinnlich sind diese nach dem Urteil des Autors
und so „unwiederholbar", dass ihr Schöpfer
als „Einzelgänger" unter den Großen seiner
Zeit erscheine.
Die kurzen Kapitel über die Bauwerke sind
durchweg informativ, enthalten alle wichtigen
Baudaten und sind mit historischen und
aktuellen Fotos sowie mit Plänen reich illustriert
. Die Baubeschreibungen haben analytischen
Charakter und tragen zum Verständnis
der Architektur und ihrer städtebaulichen Einordnung
bei.
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