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584 Neue Literatur
Meid, Volker (Hrsg.): Geschichte des deutschsprachigen
Romans. Stuttgart 2013, 808 Seiten
.
Volker Meid, der den Lesern in der Ortenau
vor allem durch seine Studien zu Grimmelshausen
bekannt ist und ein Handbuch zum
Simplicissimus-Dichter verfasst hat, greift weiter
aus und legt eine umfassende Geschichte
der Romane in deutscher Sprache vor. Die
Reichweite erstreckt sich vom Spätmittelalter
bis zu den Romanen des 21. Jahrhunderts, die
deutschsprachigen Romane von österreichischen
und Schweizer Autoren eingeschlossen.
Ihm stand ein Team von fünf Fachgelehrten
für die einzelnen Literaturepochen zur Seite.
Das alphabetische Verzeichnis der vorgestellten
oder nur erwähnten Romanautoren (S.
793-808, über fünfhundert Autorennamen)
erlaubt einen raschen Zugriff auf einen gesuchten
Autor. Die Fülle lässt freilich nur je
eine knappe Skizze zu. (Lebenszeit des Autors,
Themen und Motive des Romans, stilistischer
Charakter.) Wo möglich, wird auch der Bezug
zu einem historischen Romantyp (z.B. Entwicklungsroman
bis zu Pop-Romanen der Gegenwart
) hergestellt. Fußnoten und Literaturhinweise
geben die Möglichkeit, die Informationen
zu vertiefen.
Dem Herausgeber und seinen Beiträgern ist
gelungen, was sie am Ende des Vorworts als
Ziel formuliert haben: „... ein abwechslungsreiches
anregendes Buch, das ohne Systemzwang
, aber nicht beliebig, über die wechselvolle
Geschichte einer ungemein wandlungsfähigen
Gattung orientiert." Walter E. Schäfer
Groszman, Gabriel: Semi Uffenheimer. Jüdische
Familiengeschichten aus Breisach,
Lörrach, Bühl, Graben in Baden und Argentinien
1902-1981-2013. Aus dem Spanischen
von Rudolf Barth. Herausgegeben von Erhard
Roy Wiehn. Konstanz 2013, 380 S., viele sw-
Abb.
Man hätte den Titel mit Recht noch ergänzen
können mit der Nennung weiterer badischer
Ortschaften. Denn was Gabriel Groszman mit
diesem gewichtigen Buch vorlegt, betrifft
schließlich nicht nur seine eigene Familie, in
die er als emigrierter ungarischer Jude hineingewachsen
ist durch die Heirat mit Ruth Uffenheimer
. Sondern es sind weitere badische
jüdische Familien aus der engeren oder weiteren
Verwandtschaft, die der Autor in diesem
umfangreichen und inhaltsreichen Dokumentationswerk
vorstellt. So wird dieses Buch zu
einem badischen Geschichtswerk, das im
Brennpunkt einer Familiengeschichte über
Jahrhunderte hinweg die jüdische Vergangenheit
darstellt. Schwerpunkt ist die Zeit der
Jahre der Verfolgung 1933-1945. Ein glücklicher
Zufall hat dem Autor einen Koffer voller
Briefe und Bilder in die Hände gegeben aus
dem Familienbesitz seiner Frau Ruth: Semi
Uffenheimer (1902-1981) aus Breisach konnte
1938 noch nach Argentinien auswandern und
versuchte von dort aus, die gefährdeten Familienmitglieder
, vor allem seine Schwester Flora
(1899-1942), zu retten oder zu unterstützen.
Dabei taucht auch Meta Speck, geborene Uffenheimer
, auf, die in Offenburg verheiratet
war, von wo aus sie ebenfalls 1940 nach Gurs
deportiert wurde. Über das Leben der Familienmitglieder
hat Groszman einen langjährigen
Rechercheprozess gestartet, der auch die
jungen Enkelgenerationen umfasst. Sehr lebendig
beschreibt er, wie die Kontaktsuche
verlief und auf welch zufällige Ergebnisse er
manchmal dabei stieß. Reiches Bildmaterial ist
inzwischen zu Tage getreten, das er nun, in
Verbindung mit Briefsequenzen und seiner
eigenen Darstellung, zu einer spannenden,
erschütternden, lehrreichen und mahnenden
Familiengeschichte zusammengefügt hat, der
man viele aufmerksame Leser wünscht.
Martin Ruch
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