http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0074
Die Beschlagnahme der elsässischen Glocken während des Ersten Weltkriegs
versichert Knauth in einem Schreiben an Herzog: „... von mir
aus [sind] bis jetzt noch keine der als Sicherungsgut nach Frankfurt
übergeführten Glocken zum Einschmelzen freigegeben worden
ebensowenig wie von den noch im Lande befindlichen Glocken. Soweit
Sie von derartigen Privatabmachungen zwischen der Kriegsmetall
-Aktiengesellschaft und den in Betracht kommenden Gemeinden
erfahren, bitte ich Sie, durch persönliche Einwirkung nach Möglichkeit
dahin wirken zu wollen, daß ein direkter Verkauf (denn um etwas
anderes handelt es sich als dann nicht mehr) unterbleibt"
Das Lager in Frankfurt
Emile Herzog beschreibt das Sammellager in Frankfurt, wo allerlei
Metalle ankamen: „Das Lager der Kriegsmetall-Aktiengesellschaft
befand sich ca. eine halbe Stunde von Frankfurt entfernt bei
den neuen Anlagen am Osthafen des Main auf freiem Felde. Grosse
Holzbaracken waren hier aufgeschlagen, um die fortwährend sich
mehrende Kriegsbeute an Metallen aufzunehmen und zu sortieren.
Stets wurden neue Hallen und Schuppen angebaut und neue Zweiggeleise
angelegt; denn zur raschen Beförderung des Metalls war diese
Sammelstelle mit Gleisanschluss und mit Schiffverladestelle versehen
. Und Frankfurt war nur eine der vielen Sammelstellen, die in
Deutschland bestanden! ... Landsturmleute und Kriegsgefangene
besorgen das Entladen der Eisenbahnwagen und das Aufstellen der
Glocken, nachdem jede noch einmal einzeln gewogen wird ... Hier
standen nun unsere Colmarer Glocken, anfangs mit wenigen andern,
später von über zweitausend elsässischen Glocken umringt. Es war
ein imposanter, wenn auch trauriger Anblick, so viele Glocken auf
einem Platze vereinigt zu sehen! Die Zeugen von so viel Freud und
Leid, viele, die schon seit Jahrhunderten die Generationen unseres
Elsasses entstehen und vergehen sahen, sind hier zum letzten Abschiede
versammelt."64' Über das Lager hatte sich auch der Bischof
kritisch geäußert.
Nach Möglichkeit werden die eingelieferten Glocken nach
ihrer geographischen Herkunft gelagert. Auf eine Anfrage, die
Glocken der katholischen Kirche in Iiikirch betreffend, schildert
Herzog, wie schwer es ist, sich in diesem Glockenmeer zu
orientieren: „Sie stehen, soviel ich mich erinnern kann, in der Nähe
der Strassburger Glocken ungefähr in der Mitte des grossen Feldes.
Für jemand, der sie noch nicht gesehen hat, dürften sie jedoch schwer
ausfindig zu machen sein."
„Die Inventarisierungsarbeiten mussten mehrere Male unterbrochen
werden, da die Glocken unregelmässig und nach längeren Zwischenräumen
angefahren wurden; auch nahm die Aufstellung der
schweren Stücke geraume Zeit in Anspruch."
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