Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 201
(PDF, 98 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0202
Schriftsteller im Elsass und in Lothringen 1914-18

ten Kirche hängt noch die Glocke. Verbogene Dachsparren ragen
heraus. Schon auf d. Weg sind Pferdekadaver, aufgedunsen, mit
vorgestreckten Hinterbeinen.

Auf der Straße riesige Krater und Trichter, die die schweren Fußartilleriegeschosse
ausgeworfen haben. Tote in Massen. Tornister,
Hemden, Wäsche, Fleisch. Die Toten im Dorf meist den Kopf mit
e. Tuch verhüllt. Nachher auch das nicht mehr. Im Chausseegraben
einer neben dem anderen. Fürchterlich zugerichtet durch die
Artilleriegeschosse. Einem das ganze Unterkinn weggerissen. Ein
ganzer Schützengraben voll gefallener Franzosen. Dann tote
Deutsche, die ihn gestürmt haben. Ein ganz junger Leutnant. An
den Leichen sind schon die Fliegen. Die Bewohner größtenteils
geflohen. In den Ställen steht noch Vieh, soweit es nicht erschossen
ist. Eine Katze schleicht vorsichtig über die Schwelle des zu
Trümmern geschossenen Hauses. Hühner. In einer Jauchelache
ein stinkender, ersäufter Hund. Ein Kramladen. Die Soldaten
wühlen in den Sachen. (Stadler, S. 545)

Nach der Schlacht von Saarburg drangen die Deutschen im
französischen Teil Lothringens bis an die Mosel vor, wo ihr
Vormarsch jedoch gestoppt wurde. Bei den Kämpfen wurden
das Dorf Charmes und der benachbarte Wald ausradiert. Nur
wenige Häuser blieben stehen, darunter die am Ortsrand gelegene
Villa des Dichters Maurice Barres. Die Schlacht glorifizierte
er in seiner 14-bändigen Chronique de la Grande Guerre,
was selbst unter französischen Schriftstellern auf geteiltes
Echos stieß. Sein Kollege Romain Rolland (1866-1944) etwa
verspottete ihn als „Nachtigall des Massenmords".

Bis Ende September 1914 wurden die Deutschen in Lothringen
wieder fast bis zur Reichsgrenze zurückgedrängt. An den
Kämpfen waren zwei französische Schriftsteller beteiligt: Peguy
und Alain-Fournier: Am 15. August 1914 trat Charles Peguy
(1873-1914) in dem Dorf Loupmont zum katholischen Glauben
über. Ihm schwebte ein von sozialistischen Idealen geprägtes
Christentum vor, was ihn sowohl in den Augen seiner sozialistischen
Freunde wie in denen der katholischen Amtskirche
zum Verräter stempelte. Viel Zeit, seine Ideale umzusetzen,
blieb ihm ohnehin nicht. Nur drei Wochen später, am 5. September
1914, traf ihn während der Schlacht an der Marne eine
Kugel mitten in die Stirn.

Zwei Wochen später, am 22. September 1914, fiel auch Pe-
guys Freund und Berufskollege Henri Alain-Fournier (1886-
1914) im Wald von Saint-Remy-la-Calonne, wenige Kilometer
westlich von Loupmont. 1913 war sein Roman Le Grand Meaul-
nes erschienen, den Peguy in seiner Zeitschrift La Quinzaine


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0202