Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 202
(PDF, 98 MB)
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202 Stefan Woltersdorff

Litteraire besprach. Erst 1992 wurden Alain-Fourniers sterbliche
Überreste in einem Massengrab entdeckt. Offenbar hatte sein
Trupp einen deutschen Lazarett-Zug angegriffen, ein Krankenträger
und ein Kriegsfreiwilliger wurden dabei getötet. Die
Überlebenden erwiderten das Feuer, töteten 15 Franzosen und
exekutierten sechs Schwerverletzte. Die Regeln der Genfer Konvention
galten schon in den ersten Kriegswochen auf beiden
Seiten nicht mehr viel ...

An der Heimatfront

Bei Kriegsausbruch war über Elsass-Lothringen der Belagerungszustand
verhängt worden, doch der Krieg war ohnehin
allgegenwärtig. Zu den freiwilligen Helfern, die die Verwundeten
und oft grauenhaft Verstümmelten am Straßburger Bahnhof
empfingen und notdürftig versorgten, gehörte Hans Pfitz-
ner (1869-1949). Der berühmte Komponist war damals Leiter
des Straßburger Konservatoriums und Direktor der Rheinoper.
Doch lange ertrug er den Anblick nicht. Am 10. September
1914 schrieb er seiner Freundin Alma Mahler, er habe sich
„nun doch ganz auf seine Arbeit zurückgezogen". In Metz hatte
sich Adrienne Thomas zum Bahnhofsdienst gemeldet. In
ihrem Roman Die Katrin wird Soldat (1930) schildert sie ihre
Erlebnisse:

19. September 1914. Immer dasselbe, doppelseitige Bild: Oben
auf dem Bahnsteig ausziehende, singende, nichtsahnende junge
Menschen - unten in der Baracke die Zurückgekehrten mit blutleeren
Gesichtern, zerschmetterten Gliedern. Die ausziehenden
werden neuerdings mit Musik zur Bahn gebracht, fahren mit
Musikbegleitung aus der Halle. Wiederkommen tun sie geräuschlos
. Und wir gehen auf Zehenspitzen. Wenn einmal einer sagt:
„Ach, Fräulein, Sie waren damals droben, wie ich ausgerückt bin

-gelt, da hob ich anders ausgeschaut---" dann fühlt man sich

mitschuldig am Elend dieser Menschen. (Thomas, S. 202)
22. Februar 1915. Ich ging zum Dienst, und es erwartete mich
eine Hölle. Ein Lazarettzug von zweiundvierzig Waggons lief ein.
Die kriegführenden Länder tauschen ihre Schwerverwundeten
aus. In zweiundvierzig Waggons konnte man das sehen, was
nicht mehr kriegsverwendungsfähig war und der Mühe nicht
wert, von Deutschland bis zum Friedensschluß aufbewahrt zu
werden. Menschenrestchen (...). Zweiundvierzig Waggons voll
vernichteten Lebens. Und ein ganz, ganz geringer Prozentsatz von
dem, was - über ganz Europa verteilt-zum Himmel schreit, zum
Himmel stinkt. (Thomas, S. 252f.)


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