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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 206
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206 Stefan Woltersdorff

gann dort, französische Romane zu verfassen. Neben Maurice
Barres und Rene Bazin gilt er als Hauptvertreter des franzö-
sisch-elsässischen Romans. Der Konflikt um das Elsass kostete
ihn schließlich selbst das Leben: Am 27. Juni 1915 kam er er als
französischer Soldat nahe der Front bei Thann bei einem Autounfall
ums Leben. Nach Kriegsende wurde er auf dem Friedhof
seiner Geburtsstadt beigesetzt.

Zu jener Zeit besuchte Rene Schickele mit seiner französischen
Verwandtschaft die vom Krieg verwüsteten Orte im
Oberelsass. Dabei entstand der dreiteilige Essay Blick vom Hart-
mannsweilerkopi, den er in den Band Wir wollen nicht sterben!
(1922) aufnahm. Das einstige Schlachtfeld ist für ihn ein völkerverbindender
Ort grenzenloser Trauer, der sich jeder nationalen
Vereinnahmung widersetzt:

In meiner Erinnerung starren tausend von Granaten geschälte
Bäume in die Bläue eines Sommertages. Sie stehen wie Marterhölzer
um den Gipfel des Hartmannsweilerkopfes, der Gipfel aber ist
ein durcheinander geworfener Haufen rötlichen Gesteins, überblüht
von Weiderosen. In meiner Erinnerung ist der Hartmanns-
weilerkopf ein Golgatha, wo in vier Jahren 60000 schuldlose
Männer von Explosionen an Pfähle genagelt wurden, von wo
Granaten sie in Fetzen herabholten (...). Den Unterschied zwischen
Freund und Feind hatten diese selbst verwischt, wie sie ineinander
eingedrungen waren, sich miteinander durchsetzt hatten
, sie lagen, wo sie gefallen waren, unlöslich verstrickt und
Schicht um Schicht übereinander geworfen und zugedeckt vom
jahrelangen Ausbruch dieses Gipfels. Sie trennen? Gerade so
leicht hätte man den Berg gespalten. (Schickele: Wir wollen
nicht sterben!, S. 196 f.)

Auch in Lothringen nahmen die Kämpfe ab dem Frühjahr 1915
wieder an Heftigkeit zu, die Stadt Pont-ä-Mousson wurde dabei
zerstört. Als Soldat eines bayerischen Artillerie-Regiments
wurde der deutsche Dichter Ernst Toller (1893-1939) Augenzeuge
ihres Untergangs. Als Freiwilliger war er in den Krieg
gezogen, als psychisch Gebrochener und überzeugter Pazifist
kehrte er zurück. In seinem autobiografischen Bericht Eine
Jugend in Deutschland (1933), den er zu Beginn seines Exils in
den USA verfasste, erzählt er von seinen Erlebnissen im Priesterwald
(Bois-le-Pretre) bei Pont-ä-Mousson im Jahr 1915:

Unsere Geschütze stehen auf halber Höhe vor Pont ä Mousson.
Wir kommen morgens an, mit Kaffeekesseln und Brot für die
Mannschaft beladen, die Soldaten sitzen mit nacktem Oberkörper


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