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Schriftsteller im Elsass und in Lothringen 1914-18 0C\~7
vor den Unterständen, die Hemden auf ihre Knie gebreitet, und
knacken Läuse, die in den Nähten sich eingenistet haben.
Auf dem Weg zum Geschütz höre ich das Surren eines Flugzeuges
. Neugierig bleibe ich stehen, erkenne auf der unteren Tragfläche
des Apparates den Kreis der Trikolore.
Hinschmeißen! ruft unser Führer.
Vielstimmiges Pfeifen, der Flieger hat zwei Bündel kleiner stählerner
Pfeile auf unsere Gruppe geworfen. Niemand ist verletzt.
Netamal a kloaner Heimatschuß, sagt unser Führer, Bei Vorgänger
hat mehr Schwein ghabt, wendet er sich zu mir, als ergrad auf
der Latrin gsessen is, hat eahm a Schrapnell dawischt, jetzt hat
er sei Ruah im Lazarett.
Der Beobachterstand liegt in der Talmulde vor der Kuppe des
Berges. Ich sehe durchs Scherenfernrohr, sehe die Schützengräben
der Franzosen, dahinter Pont ä Mousson, die zerschossene Stadt,
die Mosel, die durch die Landschaft des Vorfrühlings weich und
träge sich schlängelt... (Toller, S. 43f.)
Etwas weiter westlich liegt Les Eparges. In einer engen Schlucht,
an einem Frontabschnitt von gerade mal 1200 Metern Länge,
starben ca. 20000 Deutsche und Franzosen. Ein französischer
und ein deutscher Schriftsteller waren 1915 dabei und wurden
am gleichen Tag verwundet: Maurice Genevoix (1890-1980)
und Ernst Jünger (1895-1998). 1923 veröffentlichte Genevoix
unter dem Titel Eparges einen fünfbändigen Bericht über die
Kämpfe, und auch Jünger widmete der Schlacht ein langes Kapitel
in dem Roman In Stahlgewittern. Aus dem Tagebuch eines
Stoßtruppführers (1920).
Grundlage des Romans war Jüngers Kriegstagebuch, das er
von Januar 1915 bis August 1918 führte. Erst 2010 wurde es
veröffentlicht, 90 Jahre nach dem Roman. Es ist ein noch unbearbeiteter
und daher ungeschönter Bericht, in dem, anders
als im Roman, auch von Saufereien, Raufereien, Plünderungen
und sexuellen Exzessen die Rede ist. In einem besonders langen
Eintrag berichtet Jünger von seiner „Feuertaufe" bei Les
Eparges am 24. April 1915, hier einige Auszüge:
Zwischen dem alten deutschen und dem alten franz. Graben lag
eine Unmenge deutscher Toter, vom Reg. 78, die heut morgen erst
gestürmt hatten. Sie lagen da, stumm und steif, wenig auffallend,
weil sie sich nicht abhoben vom Boden und doch grauenhaft anzusehen
. Fast alle waren mit dem Gesicht auf den Boden gefallen
und kehrten das Kopfende dem franz. Graben zu, einige aber
zeigten dem Himmel ihre erstarrten, blutbesudelten Gesichter.
Vorn am Wege wälzte sich apathisch ein schwer verwundeter,
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