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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 208
(PDF, 98 MB)
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208

Stefan Woltersdorff

blutüberlaufen, und das Todeszeichen schon auf der Stirn, er zog
sich seine Decke über den Kopf als ob er nichts mehr von der
Welt wissen wollte (...).

Ich sah noch ein Bündel Lumpen im Stacheldraht hängen, fasste
hin, und merkte zu meiner unangenehmen Überraschung, dass
der Stoff mit einer klebrigen, stinkenden Masse überzogen war
(...). In die zerfetzten Lumpen war eine feuchte Mumie eingehüllt
(...). Der Kopf war nicht zu sehen, man sah nur so etwas wie
einen Klumpen Kalk. Am Knie sah man die Kniescheibe aus
zerrissenen Fetzen hervorschauen, das umgebende Fleisch war
weiß wie von Schellfischen, eine Sehne zog sich wie ein Band
durch das verweste Fleisch. Mein Blick wandte sich nach rechts.
Da lag ja noch alles voll! Einige waren halb verscharrt, viele
lagen noch so wie sie vor Wochen oder Monaten das tödliche Blei
dahingerafft hatte. Einer lag ohne Jacke mit dem Körper über
seine Beine geklappt, das lange Haar noch ganz spärlich auf
einem seltsam gebräunten Schädel; ein anderer lehnte feldmarschmäßig
mit dem eigentümlichen franz. Lederzeug an
einem Baume, so daß man fast erschrak beim Hinblicken. Mit
einem Wort, es war ein unheimlicher, schauerlicher Totentanz,
wie ihn schlimmer keine mittelalterliche Phantasie hätte erfinden
können. (Jünger: Kriegstagebuch, S. 30-33)

Bald nach diesem Erlebnis wurde Jünger von einem Granatsplitter
am Oberschenkel getroffen. Es gelang ihm, sich aus
dem Graben heraus und zum nächsten Verbandsplatz zu
schleppen. Als er im Herbst 1918 zum siebten Mal wegen einer
Kriegsverletzung im Lazarett lag, erreichte ihn die Nachricht,
dass ihn der deutsche Kaiser mit dem Orden Pour le Merite
ausgezeichnet hatte. Kurz darauf dankte er ab.

Ab 1915 wurde auch der Argonnerwald im Westen Lothringens
zum Schauplatz blutiger Grabenkämpfe. So manche
„Landser-Lyrik" nimmt darauf Bezug, darunter das Lied „Argonnerwald
um Mitternacht". Es wurde 1915 von Hermann
Albert von Gordon (1878-1939) verfasst und erzählt die Geschichte
eines deutschen Pioniers, der eine französische Stellung
erstürmt. Wie viele Soldatenlieder schwankt der Text
zwischen Kitsch, falschem Patriotismus und echter Friedenssehnsucht
hin und her:

Argonnerwald, um Mitternacht

Ein Pionier stand auf der Wacht

Ein Sternlein hoch am Himmel stand

Bringt ihm 'nen Gruß aus fernem Heimatland

(...)


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