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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 218
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21g Stefan Woltersdorff

zweifelt gegen seinen Tod, zum Teufel, er macht soviel Aufhebens
davon, wir werden verrückt, wenn er noch lange schreit.
Der Tod stopft ihm den Mund am dritten Tag. (Toller, S. 51)

Straßen an die Front

Die lothringische Stadt Bar-le-Duc ist berühmt für die Skulptur
„Le transi" (1547) des Bildhauers Ligier Richier. Sie zeigt den
halbverwesten Leichnam von Rene de Chalon, Prinz von
Oranje, der 1544 vor Saint-Dizier fiel. Von hier führt eine
Straße zum Toten Mann, eine Verteidigungsstellung vor Ver-
dun. An beiden Enden dieser Straße wartete demnach der Tod.
Maurice Barres verlieh ihr den Namen „Voie Sacree", vermutlich
in Anlehnung an die „Via Sacra", über die einst siegreiche
Feldherrn in das antike Rom einzogen. In dem Text Pendant la
bataille de Verdun über seine Reise an die Front vom 14. April
1916 erwähnt er den Namen zum ersten Mal:

Das ist die heilige Straße. Sie wird legendär werden ...In dieser
lang gezogenen Maas-Ebene, die schon so viele Invasionen erlebt
hat, wird sie auf ewig sprechen. (Caffier: Ecrivains, S. 11;
Ü: S.W.)

Die Voie Sacree war eine kurvenreiche, nur spärlich geschotterte
Schlamm-Piste, über die Verdun während des Kriegs mit
Nachschub versorgt wurde. Im Sommer 1916 passierten täglich
zwischen 3000 und 8000 Laster die 75 Kilometer lange Straße,
durchschnittlich ein Fahrzeug alle 14 Sekunden. Sie schafften
Nachschub an die nahe Front: 50000 Tonnen Kriegsmaterial
und 90000 Männer pro Woche. Wer auf dem Weg umkam,
wurde einfach am Wegesrand beigesetzt. So säumte schon bald
ein Wald weißer Holzkreuze die gesamte Strecke. In seinem
Anti-Kriegsroman Les croix de bois (1919) hat der französische
Schriftsteller Roland Dorgeles (1885-1973) dieses Motiv literarisch
gestaltet. In jüngerer Zeit hat Peter Sloterdijk (*1947) das
Thema in seinem Roman Der Zauberbaum (1985) aufgegriffen:

Bald stieß er auf ein Tal, das in die nordöstliche Richtung zeigte.
Durch die Talkerbe zog sich eine endlose Straße, auf der sich eine
seltsame Prozession bewegte. In träger unaufhörlicher Folge krochen
unzählige braune Fahrzeuge in beiden Richtungen über die
Straße dahin. Es waren Militärlastwagen, auf denen schlafende
Soldaten hockten. Nach Südwesten rollten Sanitätswagen, beladen
mit zerschossenen Leibern, und leere Munitionstransporter,
während nach Nordosten große Lastwagen mit intakten Solda-


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