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246 Ulrich Coenen
ruhe 1902 ebenfalls aufgelöst, Dürrn damit entmachtet.18 Den
führenden Architekten des Staates ereilte damit nur zwei Jahre
nach Meckel dasselbe Schicksal.
Johannes Schroth arbeitete bis 1887 im Erzbischöflichen
Bauamt Mosbach. Dann wechselte er nach Berlin ins Büro von
August Orth. Diese Zeit war für den jungen Architekten prägend
. „In der pulsierenden Metropole lernte er die neuen
künstlerischen Tendenzen in der Architektur des ausgehenden
19. Jahrhunderts kennen", urteilt Werner Wolf-Holzäpfel. „Anders
als im etwas biederen Baden waren damals in Berlin die
gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen
schon in vollem Gange und die Architekturszene war
von einer großen Vielfalt geprägt, welche im Nebeneinander
der unterschiedlichsten Stilrichtungen zum Ausdruck kam."19
August Orth, der Arbeitgeber Schroths, gehörte zu den angesehensten
freien Architekten (damals Privat-Architekt genannt)
in der Reichshauptstadt. „Heute stellt er sich uns als vielseitiger
, in mancher Hinsicht genialer Architekt im Übergang
zwischen Kompromiss und Moderne dar, dem Berlin vieles
zu verdanken hat", meint Angela Nickel.20 Bei Orth erwarb
Schroth wichtige Voraussetzungen für seine zweieinhalb Jahrzehnte
währende erfolgreiche Tätigkeit als Kirchenbaumeister
in Baden. Während der Badener in dessen Berliner Büro tätig
war, arbeitete Orth an den Plänen für die Friedenskirche in der
Ruppiner Straße (1888-1891) und an der Ausschmückung der
Schlossbrücke für die Begräbnisfeierlichkeiten Kaiser Wilhelms
I. am 16. März 1888.
Schroth kehrte bereits 1888 in den kirchlichen Dienst zurück
. Er wechselte ins Erzbischöfliche Bauamt Karlsruhe, das
damals von Adolf Williard geleitet wurde, und wurde dort dessen
Erster technischer Gehilfe. 1892 bemühte sich Schroth um
eine Festanstellung, vermutlich im Hinblick auf die Nachfolge
des gesundheitlich angeschlagenen Williard. Schroth erhielt
zwar ein gutes Zeugnis vom Präsidenten des Oberstiftungsrates
, in dem ihm Tüchtigkeit und Fleiß bescheinigt wurden, allerdings
wurde ihm der fehlende Studienabschluss zum Vorwurf
gemacht.21 Zur „selbstständigen Verwendung in höheren
Bausachen" sei er noch nicht geeignet.22 1893 unternahm
Schroth eine mehrwöchige Studienreise nach Italien. Als Williard
1893 in den Ruhestand ging, wurde der 34-jährige
Schroth zunächst nur kommissarischer Leiter der Baubehörde,
bevor er 1897 offiziell zum Vorstand berufen wurde. Das Verhältnis
zwischen Schroth und seinem Vorgesetzten war nach
Forschungsergebnissen von Simone Engleder kollegial und
korrekt, aber nicht freundschaftlich.23
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