Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 298
(PDF, 98 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0299
298

Martin Ruch

Wenigstens für zwei Jahre sollte Frau Kahn nun Ruhe
haben, aber dann wurde im Juni 1917 die Kriegsunterstützung
der Familie des Kaufmanns Karl Kahn und des Kaufmanns
Adolf Kahn erneut vom Stadtrat behandelt. Weshalb? „Karl
Kahn hat ein Betriebsvermögen von 34000 M angegeben, welches
in einem Warenlager angelegt ist; ein kleiner Teil des Lagers
wurde im Frühjahr 1915 verkauft. Nach Ansicht des Sachverständigen
hat das Warenlager durch die allgemeine Preissteigerung
jetzt einen Wert, der den ursprünglichen um ein
Mehrfaches übersteigt. Unsere wiederholte Aufforderung an
Frau Kahn, dieses Warenlager abzustoßen, ließ diese unbeachtet
; wir sind der Ansicht, dass der Erlös aus dem Verkauf einen
derartigen Vermögensstand ergibt, dass Hilfsbedürftigkeit
nicht mehr vorliegt und keine Kriegsunterstützung mehr gewährt
werden muß. Das Bestreben der Eheleute Kahn geht offenbar
dahin, die immer noch anhaltende Preissteigerung
auszunützen und erst nach dem Kriege das Lager, das dann
einen noch höheren Wert darstellen wird, zu verschleißen;
inzwischen hätte die Familie ungeachtet ihres großen, allerdings
nicht flüssig gemachten Vermögens die Kriegsunterstützung
aber weiterbezogen. Unseres Erachtens kann bei dem gesteigerten
Wert des Warenlagers die Hilfsbedürftigkeit der Familie
Karl Kahn für die Zukunft verneint werden. Durch den
Verkauf des Lagers kann die Familie sich die zum Lebensunterhalt
nötigen Barmittel verschaffen. Diese Ausführungen treffen
auch für die Familie des zweiten Teilhabers der Firma Adolf
Kahn zu/' Der Dank des Vaterlandes war also bereits aufgebraucht
. Immerhin stellte der Armenrat Offenburg Frau Kahn
noch einen Berechtigungsschein aus für freie ärztliche Behandlung
beim Armenarzt, die sie an zwei Tagen dann auch in
Anspruch nehmen musste.

Über das weitere Schicksal der Familie Kahn erfahren wir
erst im Januar 1939 wieder etwas im Zusammenhang mit der
„Grundstückserwerbung von jüdischem Vermögen" von „Karl
Israel und Adolf Israel Kahn". Es ging um ein Grundstück
Ackerland im Gewann Dreißig Jeuch am unteren Rammersweierer
Weg39. Ein städtisches Schreiben an die Familie enthielt
das Angebot: „Im Hinblick darauf, dass die Grundstücke für die
in Aussicht genommene Stammarbeitersiedlung gebraucht werden
, ist die Stadt bereit, die beiden Grundstücke jetzt schon zu
kaufen. Sie bietet hierfür den Steuerwert von RM 1,05 pro qm.
Ich ersuche um Mitteilung, ob Sie auf dieser Grundlage mit der
Stadt abzuschließen bereit sind." Die Brüder Kahn, die wenige
Wochen zuvor erst aus Dachau zurückgekommen waren,
wohin man sie beim Novemberpogrom 1938 verschleppt hatte,


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0299