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vorbeizukommen und ihr seine Solidarität auszudrücken. Er war
im Krieg schwer verwundet worden und mußte auf zwei Krücken
gehen, aber diese Beschwernisse hielten ihn nicht davon ab, an
diesem Tag meine Mutter aufzusuchen. (...) Am 10. Januar 1944
holten sie meine Mutter. Ohne Rücksicht auf die persönlichen
Verhältnisse waren in ganz Baden die Juden verhaftet worden.
Daheim noch und noch einmal im Zug nahm meine Mutter eine
Überdosis Schlaftabletten. In Karlsruhe holte man sie aus dem
Zug und brachte sie in ein Krankenhaus. Ich fand meine Mutter
in einer gekachelten Zelle vor, die eigentlich für schwere psychiatrische
Fälle vorgesehen war. Als ich am nächsten Morgen wieder
in das Krankenhaus kam, war meine Mutter tot."2
Anmerkungen
1 Aus: Gefallen auf dem Felde der Ehre. Aufzeichnungen des Johann Baumann aus Altschweier/
Bühl 1914-1938. Bearbeitet und herausgegeben von Suso Gärtner. Bühl 2005, 55
2 StA OG Bestand 9 Siegler-Wiegand; Erinnerungen von D.S. In: Heinz G. Huber, Ortenauer
Lebensläufe. Zeitgeschichtliche Episoden. Eggingen 1989, 117-120.
Dr. Martin Ruch, Waldseestr. 53, 77731 Willstätt
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