http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0352
Wenn ich mich nicht jetzt melde, dann ist der Krieg vorbei, ohne dass ich dabei war
ihm erwartet, dass auch er, wie es seine ehemaligen Klassenkameraden
bereits taten, dem Vaterland dient. Er war wohl auch
anfangs schon etwas stolz auf seine Uniform. Und er glaubte,
wie viele andere, dass der im August 1914 begonnene Krieg nur
sehr kurz dauern und Deutschland am Ende als glanzvoller
Sieger dastehen würde.
Auszug aus Max Jörgers Aufzeichnungen
über den Ersten Weltkrieg
Kriegsbeginn und Zeit bis zur der Einberufung
Sommer 1914. Schüsse in Sarajevo. Die Welt ist aufgeschreckt.
Es riecht nach Krieg. Mobilmachung. Unheimliche Stimmung.
Man kann sich noch keine Vorstellung vom Krieg machen.
Landwehrmänner im Alter zwischen 35 und 40 Jahren werden
von einer Stunde auf die andere einberufen. Nach einem halben
Tag sind sie feldgrau eingekleidet, mit Tschako6 und Gewehr
887 ausgerüstet wieder da und übernehmen den Brandschutz
. Ein Zeppelin aus Baden-Oos zieht seine Bahnen in unserer
Gegend. Überall werden Spione vermutet. Gerüchte kursieren
. Die ersten Truppentransporte rollen. Die große Baracke
am Acherner Bahnhof, deren Zweck vorher niemand kennen
wollte, ist plötzlich zu einer Verpflegungsstation für Transporte
geworden. Man sieht Württemberger und Bayern, alle in neuen
Uniformen und mit neuen Waffen. Züge noch und noch. Auf
den Wagen großspurige Aufschriften.
Die Bayern haben ihren Dolch im Stiefelschaft stecken und
ihren Maßkrug mit dabei. Ohne den geht es vorläufig noch
nicht. Die Leute schleppen Waschkörbe voll Esswaren, Zigarren
und Zigaretten für die Soldaten an die Bahn.
Der Schimmel der Eltern wird für den Krieg benötigt
Unser Schimmel, die „Male" (Abkürzung von Amalia), wird gemustert
, für tauglich befunden und gleich dabehalten. Damit
hatte ich im Ernst doch nicht gerechnet. Unser Schimmel war
uns doch sehr ans Herz gewachsen, als wir mit ihm arbeiteten.
Bei meiner Mutter gab es Trennungstränen. Und dabei war ihr
sechs Jahre früher, als ihn der Vater kaufte, eben dieser Schimmel
zu teuer, was diesen aber nicht gehindert hatte, jedes Mal,
wenn er angespannt wurde, vor die Haustüre zu kommen und
sein Stück Brot in Empfang zu nehmen, das er regelmäßig auch
bekam. Und nun war er nicht mehr da. Der Erlös wurde wohl
noch am selben Tag von einem Zahlmeister ausbezahlt.
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