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„Wenn ich mich nicht jetzt melde, dann ist der Krieg vorbei, ohne dass ich dabei war" O C ~7
wie eben noch kriegsunerfahrene Soldaten bepackt sein können,
springen wir nach langer Bahnfahrt aus unseren Wagen herunter
. Es ist dunkel, kalt, glatt. Der Spieß lässt antreten, in Gruppen
rechts schwenken und „ohne Tritt" marschieren. Das war ein
Marschieren in der Nacht, auf eisglatter Straße! Entweder man
rutschte auf den Vordermann oder der Hintermann rutschte auf
mich. Es klapperte von all den zum Marschgepäck gehörenden
Spaten, Gewehren, Seitengewehren. Ein Gemaule und Fluchen
geht los, weil man gegeneinander geworfen wird. Dann fängt es
auch noch zu schneien an. Endlich eine Ortschaft. Mein Zug
wird in einer Scheune untergebracht. An schlafen ist nicht zu
denken. Kälte und Wind dringen durch Stroh, durch Mantel
und Klamotten. Am anderen Morgen bin ich bocksteif. Wir
empfangen Kaffee und Brot. Es geht weiter. Schneegestöber. Wir
marschieren, marschieren. Alles ist eben, weiß, der Neuschnee
macht das Vorwärtskommen mühsam. Die Kompanie, die jeweils
vorausgehen und spuren muss, wird jede Viertelstunde
abgelöst. Der Marsch will kein Ende nehmen. Es geht fast nichts
mehr und es geht doch. Endlich „Halt" für heute.
Schnee, viel Marschieren, Flöhe, 80 Patronen, elender Fraß
Wir sind beim Ort Kaukern14 untergebracht. Die Feldküchen
sind noch nicht da. Ich bin wundgelaufen, wechsle die Socken.
Wir sind nass, schwitzen und frieren zugleich. Das Stroh in der
Scheune ist feucht, wahrscheinlich vom herein gewehten Pulverschnee
. Ich buddle mich ins Stroh, friere aber doch. Endlich
- die Feldküche ist da. Jeder bekommt einen Kochgeschirrdeckel
voll Essen. Wenig, aber es wärmt. Dann krieche ich
wieder ins Stroh, recht tief hinein. Aber was hilft das? Wir
frieren. Man schläft, wacht auf, man dusselt, wacht. Um 7 Uhr
wird geweckt. Wie ich zur Feldküche komme, ist kein Kaffee
mehr da. Ich versuche, umhergehend, mich warm zu kriegen.
Der Marsch geht weiter. Wir Landser haben keine Ahnung,
wohin. Erst marschieren wir auf einer Chaussee, dann geht es
auf Feldwegen weiter. Am nächsten Tag war es nicht so beschwerlich
und der Marsch nicht zu lang. Und wir kommen in
einem guten warmen Quartier, in einem Bauernhof,15 unter.
Nette, freundliche Leute. Wir bekommen Wurst, Brot und Kaffee
von ihnen. Heute Nacht muss ich zweimal eine Stunde lang
Posten schieben, draußen am Eingang des Bauernhofs. Eine
klare, kalte Winternacht. Wir müssen nicht sehr weit hinter der
Front sein, denn man hört von dort vereinzelt Gewehr- und
Geschützfeuer. Wir sind übrigens im Haus des Bürgermeisters
einquartiert. Die Bürgermeisterin versorgt uns am andern Mor-
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