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Cornelius Gorka
zenden des Lahrer Soldatenrates gewählt. Im Anschluss an den
Demonstrationszug und die Kundgebung an der Luftschiffhalle
traf sich der neugewählte Soldatenrat im Gasthaus
„Werteck" zu seiner ersten Sitzung, um ein erstes Programm
auszuarbeiten. Das Armeekommando versuchte inzwischen
die revolutionäre Bewegung noch aufzuhalten und forderte
eine Abteilung des Infanterieregiments 113 mit Maschinengewehren
aus Freiburg an. Da sich diese Soldaten aber mit den
Demonstranten solidarisierten, hatte die Revolution in Lahr
ihren ersten Sieg errungen. In den Garnisonsstädten Offenburg
, Rastatt, Karlsruhe und Mannheim wurden erst einen Tag
später ebenfalls Soldatenräte gebildet.4
Am 9. November fand in der Exerzierhalle der Infanteriekaserne
eine voll besuchte Soldatenversammlung statt, wozu
durch Garnisonsbefehl eingeladen worden war. Der erste Vorsitzende
des Soldatenrates Schulenklopper eröffnete die Versammlung
. Anschließend sprachen der Landtagsabgeordnete
Massa und der zweite Vorsitzende Heinz zu den Soldaten.
Beide riefen zu Ruhe und Besonnenheit in den revolutionären
Tagen auf. Anschließend wurden die Forderungen des Soldatenrats
bekanntgegeben: Freilassung aller inhaftierten politischen
Gefangenen, Einführung von Beisitzern am Militärgericht
, vollständige Rede- und Pressefreiheit auch in den Kasernen
, sachgemäße Behandlung der Mannschaften durch die
Vorgesetzten in den Kasernen, sachgerechte Unterbringung
der Mannschaften in den Kasernen, straffreier Umgang sämtlicher
Kameraden untereinander, keine Truppentransporte an
die Front während der Waffenstillstandsverhandlungen,
Schutz des Privateigentums und unbeschränkte persönliche
Freiheit außerhalb des Dienstes. Außer Dienst sollte es keine
Vorgesetzte mehr geben. Außerdem hatten künftig „alle
Schutzmaßnahmen mit Blutvergießen" zu unterbleiben. Es
sprachen noch einige Offiziere und erklärten ihr Verständnis
für die Bewegung der Soldaten. In seiner Schlussansprache
versprach der Vorsitzende, dass die Neuerungen von den Soldaten
mit aller Macht durchgekämpft werden. Der Soldatenrat
sicherte außerdem die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung
zu. Nach Zeitungsberichten bot die Versammlung „ein
Bild von Geschlossenheit und verlief äußerst ruhig".5
Noch am gleichen Tag fand im überfüllten Rappensaal eine
weitere Versammlung der Sozialdemokraten statt. Dabei berichtete
der Landtagsabgeordnete Weißmann vom Sieg der
Revolution und vom bevorstehenden Waffenstillstand. Die
Umwälzung werde zu einer Neuordnung des politischen und
wirtschaftlichen Lebens führen. Er rief ebenfalls zu Besonnen-
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