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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 481
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Das Bildungsangebot in der Schulstadt Offenburg - vor 500 Jahren

Adolescens. Murmellius: ein jongelinck. - Sopher: Adolescens,
ein jungling. Adolescentia, die jugent, est etproprie aetas infra quar-
tum decimum annum et vicesimum primum, das alter zwischen
fierzehen jaren und ein und zwentzig jaren.

fuvenis. Murmellius: ein jonc man ofein iunfer. - Sopher: Juve-
nis, ein jung man oder junger geseih - Juventa est aetas juvenilis
quae est infra vicesimum primum et vicesimum octavum annos, das
alter zwischen XXI und XXVIII jaren.

Die Präzisierung von Kleinkindzeit, Kindheit, Jugend und
Erwachsensein durch die Abfolge von je sieben Jahren übernahm
Sopher zweifellos aus einem seit über hundert Jahren an
den Straßburger Schulen benutzten Wörterbuch des Stiftsherrn
und Lehrers an der Stiftsschule von St. Thomas, Twinger von
Königshofen (f1420).23 Dieser hatte es wohl als Handbuch für
die Lehrer verfasst, die in der Bischofsstadt Unterricht erteilten.
Es sollte dem allgemeinen Nutzen der Kinder (communis parvu-
lorum utilitas) dienen.

Neu in das Vokabular eingefügte Begriffe lassen auf jeder
Seite erkennen, dass Sopher sie mit Bedacht ausgewählt hat. Sie
spiegeln oft genug den bäuerlichen Alltag in einer Weinbauerngegend
wider, besonders augenfällig in dem Sachbereich, der
mancherhand husrot aufzählt: Ligo ein haw. - Bidens ein karst. -
Sarculum ein ege. - Rastrum ein rechen. - Foix ein sichel oder seges
("Sense). - Foix vineatica ein rebmesser. - Kindern, die solche Vokabeln
lernen müssen, ist die lateinische Sprache keine fremde
Sprache mehr.

Diesem Grundwortschatz fügt er, wie Murmellius, ein zweites
Kapitel hinzu: Mancherley redlin zu gebruch der kinder uszge-
legt. Er erweitert darin die niederdeutsche Vorlage um das
Doppelte. Seine Schüler sollten sich Sprachmuster aneignen,
wie sie sich in der Schule untereinander und mit dem Lehrer
unterhalten konnten, - aber auf lateinisch. Schon das erste
Beispiel gibt den Grundton dieser Aneignung an. Während
Murmellius das Grußwort Salve mit Wes gegroet übersetzt, bietet
Sopher einen vertrauteren Ton an: Salve. Bis gegruszt, oder gott
grusz dich. Und aus dem Johannes macht er einen Hans. Er lässt
einen Schüler fragen: Ubi est ludus literatorius? Wo ist die schul.
Denn: Studendi latini eloquii causa in hanc urbem veni. Von wegen
latinsches ziergesprechs zu lernen bin ich in diese stat kummen.
Beide Sätze stehen nicht bei Murmellius. Aber eine deftige Beschwerde
nahm Sopher aus dessen Sprachschatz auf: Johannes
calceos meos comminxit. Murmellius: Johannes heft myne schoen
bemyeghen. - Sopher: Johannes hat mir mine schuch bebruntzt.
Der Offenburger Lehrer schätzte es, dem Volk aufs Maul zu
schauen und nahm auch witzige Redensarten in seine Samm-


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