http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0532
Zum „Geschäftsbetrieb auswärtiger Photographen" in der Ortenau
„Der süddeutsche Photographenverein führt Klage über die
schweren Schädigungen, die dem Photographengewerbe aus
der Tätigkeit der ihr Gewerbe im Umherziehen ausübenden
Photographen erwachsen; wie von der Vereinigung Karlsruher
Photographen bestätigt wird, soll es sich dabei vielfach um
Personen handeln, die minderwertige Leistungen in schwindelhafter
Weise anbieten. Eine Handhabe zur Bekämpfung
dieses Übelstandes wird in der scharfen Überwachung dieser
Wandergewerbetreibenden hinsichtlich des Besitzes der erforderlichen
Wandergewerbescheins und in der strengen Anwendung
der gesetzlichen Bestimmungen bei der Prüfung des Antrags
auf Ausstellung eines solchen Scheins sowie in der strengen
Durchführung des Verbots des Hausierens an Sonn- und
Festtagen (§ 55a Gew. O.) gegeben sein.
Ähnliche Mißstände sind bei der Tätigkeit der sogenannten
Vergrößerungsanstalten zu Tage getreten, die sich meist in der
Weise abspielt, daß ein Agent dem Publikum die unentgeltliche
Vergrößerung von Photographien anpreist, ein anderer mit
dem vergrößerten Bild dessen (meist erforderliche) Retouchie-
rung und einen Rahmen - beides gegen oft unverhältnismäßig
hohe Bezahlung - anbietet. Die betreffenden Angenten machen
zum Teil geltend, daß sie zur Führung eines Wandergewerbescheins
nicht verpflichtet seien, der eine, weil er eine unentgeltliche
Leistung anbiete, der andere, weil er nur die Leute besuche
, die bestellt hätten. Es wird indes in den meisten Fällen
angenommen werden können, daß die gesamte Tätigkeit eine
einheitliche, also von Anfang an auf Erwerb gerichtet ist, so
daß der fragliche Geschäftsbetrieb als wandergewerbeschein-
pflichtig angesehen werden muß. Auch in derartigen Fällen ist
deshalb der Besitz eines Wandergewerbescheins zu verlangen
und eine entsprechende Kontrolle auszuüben.
Wir weisen die Gr. Bezirksämter an, der geschilderten Gewerbeausübung
Aufmerksamkeit zuzuwenden und die unterstellten
Polizeiorgane im Sinne des Ausgefertigten mit Anweisung
zu versehen/' Knapp ein Jahr später muss dieser Erlass
unter steuerlichen Gesichtspunkten revidiert werden, da aufgrund
eines Gerichtsurteils ein „[...] Reisender einer Firma, der
bei Privatpersonen ohne vorgängige Bestellung Aufträge zur
Bestellung von Vergrößerungen nach übergebenen Photographien
zu erhalten sucht, keines Wandergewerbescheins bedürfe
, weil kein ,Anbieten gewerblicher Leistungen' im Sinne
des § 55 Abs. 1 Ziffer 3 Gew.O vorliege" (29. April 1911).
In gleichgearteten Fällen - so das Karlsruher Ministerium
des Inneren - wäre entsprechend zu verfahren, ansonsten aber
bliebe der alte Erlass unberührt.
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