http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0561
560
Forum
\
AM?. 2
Deutlicher Beleg für die Wertschätzung der
Offenburger Süßigkeit ist auch dieser wahrlich
köstliche Quellenfund:
1643 bot der Straßburger Stadtrat dem
Organisten an der Hauptkirche zu Frankfurt
am Main, Philipp Friederich Böddecker
, die Organistenstelle am Münster zu
Straßburg an. Der nahm das für ihn ehrenvolle
Angebot an und zog um an den
Rhein. 1651 trat dann der Kirchenrat der
Stiftskirche Stuttgart mit Böddecker in Verbindung
, man wollte den hervorragenden
Organisten nach Stuttgart abwerben. Man
versprach ihm ein Gehalt von 300 Gulden.
Doch Böddecker antwortete, er erhalte in
Straßburg zwar nur 242 Gulden in Geld,
wenig Frucht, keinen Wein, - jedoch alle
Weihnachten „einen 6 Pfundigen Offenburger
Lebkuchen"] Allerdings nahm Böddecker
die Stuttgarter Stelle ein Jahr später dann
doch an, die Schwaben hatten sich auf eine
ordentliche Gehaltserhöhung eingelassen.
Lebkuchen aus Offenburg waren allerdings
nicht mehr dabei.6
Im Lauf der Jahre ist diese schöne Back-
Kunst in Vergessenheit geraten. Ein findiger
Bäcker könnte aber wieder an die Tradition
anknüpfen. Gegen Lübecker Marzipan
, Danziger Stollen und Basler Leckerli
könnten Offenburger sechspfündige Lebkuchen
durchaus das Rennen machen. Im
Elsass ist man dagegen längst auf den Ge-
schmack gekommen: Dort versteht sich
Gertwiller zwischen Barr und Obernai als heimliche Hauptstadt der
Lebkuchenbäckerei. Bereits um 1553 lag dort das Gebäck auf den Weihnachtstischen
der Marienthaler Zisterziensermönche. Noch zu Beginn
des vorigen Jahrhunderts gab es neun Produktionsstätten am Ort, wie
dem Offenburger Tageblatt vom 17./18.2.2007 zu entnehmen war.
Anmerkungen
1 Archives Municipales de Strasbourg 20ND 151/5c
2 GLA Karlsruhe, Bestand Offenburg-Gengenbach-Zell 1430, 18.12.
3 Archives Municipales de Strasbourg lOND 93 (1513) (Rechnungen Oeuvre
Notre Dame)
4 Archives Municipales de Strasbourg lOND 94 (1531-32)
5 Archives Municipales de Strasbourg 1 AH 598
6 Vogeleis, Martin: Quellen und Bausteine zu einer Geschichte der Musik
und des Theaters im Elsaß 500-1800. Straßburg, 1911, 508
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0561