Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 21
(PDF, 94 MB)
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Canidia, ein groteskes Hexengedicht aus der Antike in der Offenburger Humanistenbibliothek

Was weiter noch von jener Jiexe Sagana,

der Toten Schatten schaurig schrillem Zwiegesang?

Wie beide Wolfshaar mit gefleckter Natter Zahn

tief in die T^rde gruben und das ^Bild aus Wachs

zerschmolz? T)a kam die Wut, da blieb ich nicht mehr stumm

bei ihrem Treiben, lind wie eine ^Blase platzt,

so knallt ein Turz heraus, mein Jiinterteil zerbarst.

'Die Jiexen rannten panisch runter in die Stadt,

Canidia ließ ihr C/ebiss, ihr falsches Jiaar

die andre, magisch JCraut und manche Zauberschnur.

T^in irrer [Anblick war's, — ich lachte mich halb tot!"

Horaz, Satiren 1,8
in freier metrischer Übersetzung

durch den Autor

rocker Kopfputz zu erkennen. Ein belaubter Zweig bedeckt
alles, was in seiner sonst obszön antiken Derbheit Anstoß erregen
könnte. Mit freundlicher Milde schaut er hinunter zum
Zaun, den gerade Kinder unter Missachtung seiner Abschreckungsfunktion
durchbrechen. Rechts von seiner Säule stiehlt
ein anderes Kind Früchte vom Baum, vor ihm frisst ein Esel
den Salat weg. Insgesamt eine eher ironisierende Vorstellung
des Gartenschrecks, die nur mit zwei entsetzten Jungfrauen zu
seiner Rechten auf den eigentlichen Zweck seines Wirkens verweist
. Auch eine hexenartige stockgestützte Frauengestalt, die
mit der Linken höhnisch auf ihn zeigt, vertritt die dunkle Seite
des apotropäischen Ambiente in seiner im Übrigen üppig
fruchtenden mediterranen Gartenanlage.

Unter diesem Holzschnitt entschuldigt sich Sebastian Brant
bei der akademischen Jugend seiner humanistischen Kaiserstadt
Straßburg dafür, dass er aus Gründen des Jugendschutzes
keine Priapeen mit abgedruckt habe, wie eigentlich vorgesehen
. Lediglich der Holzschnitt sei schon in die Druckerpresse
geraten und nicht mehr zu stoppen gewesen, - für uns eine
einmalige Fehlleistung der renommierten Straßburger Druckerei
in der Rettung dieses anschaulichen Priapeums, das insgesamt
eher zum Schmunzeln verleitet! Dabei hat sich der Holzschneider
Sebastian Brants noch einen besonderen Scherz erlaubt
, wenn er, ziemlich ohne Respekt vor Majestäten und sicher
in satirischer Absicht, dem Priap beinahe den gleichen


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