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Rat und Zünfte in der Offenburger Hexenverfolgung 1598 bis 1602
Klagen schlichteten. Als klagende Parteien traten Schultheiß
und alter Rat, der junge Rat und die sechs betroffenen Zünfte
auf. Die vor der Kommission verhandelten Klagen und Beschwerden
zeigen, dass die Unzufriedenheit größere Ausmaße
hatte als allein die als unzureichend empfundene Prozessführung
wegen Hexerei. Zur Sprache kamen unter anderem auch
ein 1598 erlassenes Religionsedikt, das allen Bürgern Zugehörigkeit
zur katholischen Kirche auferlegte, eine neue Friedhofsordnung
des Kirchherrn, die Erhöhung von Gebühren und
Abgaben durch den Rat sowie die Wahl zusätzlicher neuer
Ratsherren.41
Die sechs Zünfte hatten zur Durchsetzung ihrer Ziele sogenannte
„Ausschüsse" gebildet. Hierbei handelte es sich um delegierte
Zunftmitglieder, die im Namen der Zunft tätig wurden.
Die „Ausschüsse" der einzelnen Zünfte tagten gemeinsam und
sprachen ihr Vorgehen miteinander ab. In den Versammlungen
konnten die Delegierten Anträge einbringen und zu anderen
Anträgen oder Vorhaben ihre Meinung kundtun. Das gemeinsame
Vorgehen wurde durch die Mehrheit in offener Abstimmung
bestimmt. Zu gegenseitigem Schutz und Schirm und
zur Unterstützung Einzelner in der Durchführung von Aufgaben
bildeten die Männer Schwurgemeinschaften.42 Finanziert
wurde die solcherart organisierte Verteidigung der Zünfte
durch Geldanleihen bei vermögenden Zunftgenossen.43 Vermutlich
bestimmte man auf diesem Weg auch die Sprecher, die
im Namen der Zünfte der Kommission ihre Klagen vortrugen
und ihr Verhalten rechtfertigten.
Die Kommission hörte sich die Klagen und Gegenklagen
der Parteien an, bewertete vorgelegte Urkunden und verhörte
Zeugen.44 Zum Schluss baten die Parteien um ein Urteil. Die
Kommission schlichtete nun Punkt für Punkt die Klagen und
Beschwerden. Im sogenannten „Abscheid" wurden alle Klagen
einzeln aufgeführt und geschlichtet. Abschließend legte
die Kommission den streitenden Parteien auf, allen Punkten
nachzukommen und den wiederhergestellten Frieden einmütig
zu halten. Der Rat wurde ermahnt, der Ausübung seiner
Regierungsgewalt wie bisher fest und stet nachzukommen
und seine Gerichtstätigkeit sanftmütig, aber dem zu strafenden
Übel angemessen auszuführen. Den Bürgern und Zünften
wurde die Erfüllung ihres bürgerlichen Eides sowie Demut
und Gehorsam gegenüber dem Rat auferlegt. Sie sollten künftig
ihre Beschwerden auf vorgesehenem Weg vorbringen,
ohne zuvor ihre Mitbürger oder Zunftgenossen zusammenzurufen
. Den Bescheiden und Urteilen des Rates war Folge zu
leisten.
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