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Andrea Kammeier-Nebel
Verhör der Gefangenen
Am 6. Februar begann man mit den Verhören der Gefangenen
.135 Da Aufruhr zu den Kapitalverbrechen zählte, konnte
man sie „mit Ernst", also unter Androhung von Folter, befragen
. Ziel des Rates war es offensichtlich, Jakob Fiegkenbach
und Ruprecht Silberrad als Rädelsführer zu verurteilen. Die
Berichte über die Aussagen der Gefangenen stilisieren beide
zu den maßgeblichen Anführern des Widerstands und Aufruhrs
gegen den Rat. Caspar Weiden, Bastian Hemmert, Hans
Baur und auch Lienhart Stehlin wurde großer Raum zur Darstellung
ihrer Unschuld bzw. unerheblicher Beteiligung an
den Versammlungen und Beschlüssen gewährt. Hemmert,
Baur und Stehlin bestätigen mit ihren Aussagen die Statements
der Ausschüsse und Zünfte, die vor dem Rat immer
wieder beteuerten, Silberrad und Fiegkenbach nicht unterstützt
zu haben.
Caspar Weiden machte glaubhaft, dass er mit der sogenannten
Verschwörung gegen den Rat nichts zu tun hatte. Da seine
Aussage von Hemmert gestützt wurde, kam der Rat den Bitten
der Karcherzunft und der Verwandten nach und ließ ihn frei.
Hemmert und Bastian gaben sich als einfache Mitglieder der
Ausschüsse aus, denen es vor allem um eine strengere Bestrafung
der Hexen ging. Einen Aufstand gegen den Rat hätten sie
nie beabsichtigt.
Lienhart Stehlin betonte, dass die Ausschüsse ihm die
schriftliche Weiterführung seiner Prozesse verboten hätten.
Ansonsten habe er aus rein privatem Antrieb aufgrund des
schweren Verlustes eines Kindes und der unheilbaren Krankheit
eines weiteren Kindes gehandelt. Er habe sich aus der Zusammenarbeit
mit Ruprecht Silberrad Vorteile für seine eigenen
Prozesse versprochen. An einem geplanten Aufruhr hätte
er sich nicht beteiligen wollen.
Einzig Ruprecht Silberrad blieb bei seiner Aussage, dass alle
Besuche beim Grafen im Auftrag der Ausschüsse geschahen.
Eine Aussage, die ihn im Lichte der anderen Verhörprotokolle
und der Aussagen der Zünfte als Lügner und vorwiegend aus
eigenem Interesse agierenden Hauptverursacher der Proteste
darstellte.
Die Strategie Dr. Landerslochs, die Rädelsführer zu benennen
und zu isolieren, war dem Rat glänzend gelungen. Die
Anführer der Proteste saßen nun teils im Gefängnis, teils
hielten sie sich im Umland der Stadt auf und hatten keinen
direkten Einfluss mehr auf die Diskussionen und Meinungsbildung
in den Zünften und Ausschüssen. Die Zünfte, vor
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