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Frank Flechtmann
entgegen: „Die rassebewussten deutschen Frauen wollen helfen
, das deutsche Volk zu einer blutseigenen Religion zu führen
. Wenn diese Rettung gelungen ist, dann werden Millionen
Frauenopfer nicht umsonst gewesen sein/' Denn er glaubte, die
katholische Kirche habe in den Hexen das germanische Brauchtum
ausrotten wollen.5 Und der Kampf gegen das Christentum
war ja in Himmlers Denken - daher auch in der Arbeit des SD -
immer eine wichtige Größe.6
Die Tatsache, dass angeblich eine Vorfahrin7 zu den armen
Opfern des Hexenwahns gehörte, war sicher nicht der Grund -
es kam jedenfalls zur Bildung einer Forschergruppe, die im
Sommer 1935 innerhalb des SD die Arbeit aufnahm. Ihr Leiter
war anfangs Dr. Wilhelm Spengler, ab 1939 dann Dr. Rudolf
Levin. Vorgesetzter war der sehr umtriebige Dr. Franz Six, der
mit einer dünnen Arbeit über die Propagandamethoden der
NSDAP promoviert worden war.
So wurden ab 1935 überall in Deutschland vor allem Staatsarchive
befragt und besucht, weitere Archive nach schriftlichen
Anfragen ebenfalls - doch stets von vermeintlichen Privatpersonen
, die sich als Mitarbeiter der Universität Leipzig
ausgaben (dort war in der Deutschen Bücherei eine Keimzelle
des SD) oder als Familienforscher.
Die Suche nach Akten und ihre Auswertung8 ging einher mit
dem Zusammentragen von Büchern, ja ganzen Bibliotheken:
wurden erstere - wieder von „Privatpersonen" - bei den maßgeblichen
Antiquariaten bestellt, so konnte man letztere lastwagenweise
einlagern, da sie bei den vielen Beschlagnahmungen
bei den vom SD beobachteten „Gegnern" (Freimaurer, Kommunisten
, Sozialdemokraten, Pazifisten, Juden, Kirchen u. a.) ständig
anfielen. Und als dann andere Länder besetzt wurden,
plünderte man auch diese aus und schaffte alles nach Berlin-
Wilmersdorf in das frühere Logenhaus der Freimaurer in der
Emser Straße bzw. in die zusätzlichen Berliner Außenlager.9 Der
Platz in dem riesigen Haus wurde bald so knapp, dass es bei
manchem Buch hieß, es lagere im Keller hinter der Kegelbahn.10
Doch im Lauf des Krieges mussten die Bücher mehrfach
verlagert werden, 1943 gar nach Sachsen und Schlesien. Der
Leiter der Gruppe ließ sich mit den Unterlagen in der Ausweichstelle
von Amt VII im Schloss von Schlawa (1937 umbenannt
in Schlesiersee) nieder, nördlich von Glogau, und betrieb
von dort weiter seine akademische Karriere mit dem H-
Thema. Er korrespondierte mit der Universität München, um
habilitiert zu werden - doch dann musste er gegen Ende 1944
doch noch in den Krieg ziehen.11 Die Ausweichstelle musste bei
Herannahen der Front im Februar 1945 aufgegeben werden,
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