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230 Eugen Hillenbrand
den. Das Ergebnis war noch schlimmer: Die Teilnehmer des
Konzils erklärten beide Päpste, die nicht erschienen waren, für
abgesetzt und wählten umgehend einen neuen, ohne sich vorher
auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt zu haben.
Und so gab es fortan drei Päpste, in Rom, Avignon und Pisa.
Jeder hielt an seinem Anspruch fest, „der wahre Stellvertreter
Christi auf Erden" zu sein.
In der offiziellen Papstliste der Kirche werden allerdings nur
die römischen Päpste gezählt. Das wurde eigentlich erst so
recht deutlich, als 1958 Guiseppe Roncalli nach seiner Wahl
den Papstnamen Johannes XXIII. annahm, den schon der
zweite Pisaner Papst geführt hatte. Auch wenn dieser Johannes
aus der offiziellen Papstliste gelöscht war: Er hat zumindest das
Verdienst, zum 1. November 1414 ein Allgemeines Konzil nach
Konstanz einberufen zu haben. Auf ihm sollten die drei großen
Reformanliegen der Kirche gelöst werden: Die Kirchenspaltung
, die innere Reform der Kirche und die rechte Lehre der
Kirche, die durch Huss infrage gestellt war.
Am 2. März 1415, acht Tage, bevor die Offenburger Gemeinde
die Weihe ihrer neuen Pfarrkirche feierte, hatte der
Pisaner Papst Johannes XXIII. dem Konzil seine Abdankung
angeboten, aber nur dann, wenn auch die beiden Rivalen abdankten
. Die dachten nicht daran. Also floh er am 20. März
1415 von Konstanz über den Schwarzwald nach Freiburg und
von dort ins Elsass, wo er festgenommen und nach Konstanz
zurückgeführt wurde. In einer feierlichen Sitzung am 29. Mai
1415 wurde er abgesetzt und danach in Haft gehalten bis zu
seinem Tode 1419. Im Juli 1415 erklärte der römische Papst
seinen Verzicht. Erst zwei Jahre später wurde der avignonesi-
sche Papst als Häretiker und Schismatiker abgesetzt. Er hielt
aber bis zu seinem Tode 1423 an seinem Anspruch fest, der
einzig wahre Nachfolger Petri zu sein. Gleichwohl wählten die
Teilnehmer des Konstanzer Konzils im November 1417 einen
neuen Papst, Martin V. - für alle Christen.
Es war ein dunkles Jahr, in dem die Offenburger ihre Kirche
vollendeten!
Zurück zum Schisma im Bistum Straßburg, wo der Kandidat
des römischen Papstes, Wilhelm von Diest, 45 Jahre lang
dem Bistum vorstand: ein Kirchenfürst, der nicht die geringste
Neigung zum geistlichen Beruf hatte, der auch die meiste Zeit
nicht an seiner Bischofskirche in Straßburg verbrachte, sondern
in Zabern, etwa vierzig Kilometer entfernt von der Kontrolle
seines Domkapitels. Dort ließ er gleich seine Residenz
ausbauen und lebte mit seinen Zech- und Spielgenossen in Saus
und Braus. In seinem Marstall standen immer mindestens
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