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Das Kirchweihfest in Offenburg 1415. Ein Fest in dunkler Zeit
sechzig Pferde; die Turniere und Tanzfeste verschlangen eine
Unmenge Geld, das er sich durch Verkauf oder Verpfändung
von Gütern, Rechten und Einkünften des Bistums besorgte.12
Auch die Reichslandvogtei Ortenau, die den Straßburger Bischöfen
1351 als Pfand übertragen worden war, machte er zu
barer Münze. Bereitwillig nahm er das Angebot des deutschen
Königs Ruprecht von der Pfalz an, die Hälfte der Pfandschaft
für 23 500 Gulden einzulösen.13 Und weil auch diese Summen
die Ausgaben nicht deckten, erpresste er rücksichtslos seinen
Klerus und die Klöster des Bistums.
Einer der entschiedensten Gegner des vom Papst ernannten,
aber nicht geweihten Bischofs war der Dekan des Domkapitels
selbst, Hugelmann von Finstingen. Er betrieb von Anfang an
nur Opposition, zumal er selbst gerne Bischof geworden wäre.
1415 lud er den erwählten Bischof Wilhelm von Diest zu einem
Dekanatstreffen nach Molsheim ein; aber statt über Bistumsprobleme
zu sprechen, ließ er ihn festnehmen und in der Johanneskapelle
des Straßburger Münsters gefangen halten.
Gleichzeitig schlössen er und das Domkapitel mit den Dekanen
und Äbten des Bistums eine „Verbrüderung" (confraternitas),
um sich gegen „das schändliche Regiment einiger, die der
Straßburger Kirche als Hirten vorstehen" zu schützen.14
Es ist wohl kein Zufall, dass als erster Name in dem umfangreichen
Vertrag der des Gengenbacher Abtes erscheint. Er hatte
schon 1412 schlechte Erfahrungen mit Wilhelm machen müssen
, als dieser mit einer schlagkräftigen Begleitung im Kloster
auftauchte, dem Abt die Schlüssel der Klosterkasse entriss und
alles Geld an sich nahm. Zudem hatte er die Mönche gezwungen
, sämtliche Vorräte herauszugeben. Erst danach zog die bischöfliche
Bande wieder ab.
Das ist nur eine der vielen skandalösen Aktionen, über die
wir aus einem umfangreichen, heute noch im Straßburger
Stadtarchiv verwahrten Folianten erfahren.15 Er enthält nämlich
die Anklageschrift, die einem Gericht des Konstanzer Konzils
vorgelegt worden war. Auf fast 300 Seiten dokumentierten
die Kläger den finanziellen und moralischen Ruin des Bistums.
Die Partei Wilhelms legte eine Gegenklage vor. Sie war nicht so
umfangreich, weil sie sich hauptsächlich mit dem Domdekan
Hugelmann von Finstingen als Kopf der klerikalen Erhebung
befasste. Der habe über Jahre hin gegen den rechtmäßigen Bischof
gehetzt und führe im Übrigen einen wenig vorbildlichen
Lebenswandel. Schon lange wohne er mit einer Straßburger
Bürgerstochter zusammen, die von den Mitbürgern nur als
„Frau von Finstingen" angesprochen werde. Da wurde wohl auf
beiden Seiten schmutzige Wäsche gewaschen und zwischen
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