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Die Leutkirche in Oberschopfheim: neue Erkenntnisse zur Chorausmalung und zur Baugeschichte 9 7S
Polychrome Fragmente auf der Chorwestwand neben dem
Chorbogen belegen, dass Kolb hier 1905 den 11. und 12. Apostel
platziert hatte.
Bereits 1953 fand eine Überarbeitung der Wandgemälde
durch den Offenburger Kunstmaler Emil Brischle statt. Das
hierbei mit hohem Sättigungsgrad bis hin zur leichten Glanzbildung
eingebrachte Fixativ behindert eine makroskopische
Differenzierung der Farbschichten. Die Übermalungen Brisch-
les bestehen im Bildbereich und im Bereich der Inschrifttafeln
vor allem aus bräunlichen Lasuren, die den Malereibestand
vereinheitlichen und die Farbigkeit zurücknehmen. Innerhalb
der Gesichter hat Brischle durchgängig gestalterische Übermalungen
angewendet: Die Lippen und Augen sowie die Nasen
und Umrisslinien wurden in charakteristischer Weise überarbeitet
, wobei er im Detail vom bisherigen Malereibestand abwich
, die Anordnung der Apostel aber nicht wie bisher angenommen
veränderte.
Die Übermalungen Brischles im Bildbereich der Jungfrauendarstellungen
des Chorbogens sind gut erkennbar. Die Übermalungen
tendieren stark ins Graue und sind manchmal gegenüber
dem Vorbild ungenau. Die rötliche Zeichnung des Lilienfrieses
als Nischenrahmung, die Kolb rekonstruierte, wird
nicht mehr berücksichtigt. Auf dem Originalbestand bildet
Brischles Übermalungsschicht bereichsweise schollenartige
Ablösungen.
Kirchenrenovationen, vollständiger Wiederaufbau und
der Verlust der Gewölbemalereien
Der Westteil des Langhauses befand sich bis 1962 bis auf die
bestehende Wandscheibe der Westfassade noch in ruinösem
Zustand. Bei dem vollständigen Wiederaufbau wurde der
Dachstuhl erneuert.
Die Chordecke und alle Wandbereiche außerhalb der Gemälde
wurden vermutlich aufgrund vieler Schäden mit einer
dicken faserarmierten Kunststoffgrundierung überstrichen. Als
Anstrichsvorbereitung wurden alle schlecht haftenden Fassungsfragmente
entfernt. Die beschriebenen Fragmente barocker
Ausgestaltung mit Weinlaub und Ranken blieben vermutlich
aufgrund ihrer gefirnisten Oberfläche erhalten. Auf dieser
Oberfläche gab es andererseits wahrscheinlich von Anfang an
Haftungsprobleme mit den Gewölbemalereien Kolbs und
Brischles.
Die Renovationsmaßnahmen von 1962-1964 brachten den
Verlust der Malereien im Chorgewölbe. Die archivalisch beleg-
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