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346 Wolfgang Weismann B. A.
Verwendung der alten Teile als Eingang in Ottersweier im
Jahre 1903 schon fest, jedoch kann man davon ausgehen, dass
Schroth die Acherner Kirche schon vor seiner Tätigkeit als
Baumeister von Ottersweier kannte. Für mich drängt sich hier
die noch nirgends formulierte Vermutung auf, dass er die Idee
des Eingangschors schlicht von Achern nach Ottersweier mitbrachte
. Schroth muss vor der Umänderung des Planes von
Ottersweier, nach der der alte Chor nicht mehr als Seitenoder
Nebenchor verwendet wurde, das Phänomen Choreingang
in Achern gesehen haben. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass es keinen Zusammenhang gibt. Was mit dieser Hypothese
nicht in Einklang zu bringen ist, ist, dass die erste Planskizze
mit dem Chor als Eingang, wie erläutert, gar nicht von
Schroth selbst stammt und von diesem sogar abgelehnt
wurde. Wie diese Diskrepanz zusammenpasst, kann ich nicht
erklären.
Auch wenn die Idee des Choreingangs nicht dem Genie der
Beteiligten in Ottersweier entsprungen sein sollte, auch wenn
das Konzept dieser Synthese aus der Nachbarstadt stammt: Die
Umsetzung in Ottersweier ist schon insofern einzigartig, als
dass das Ringen um die bestmögliche Lösung über Jahre ging,
ganze Akten füllte und auch stilistisch - hier wurde ja Gotik
mit Neogotik vereint - auch in Achern nicht diese Ausgefeilt-
heit der Synthese aller Bauteile erreichte.
Fazit
Die Ottersweierer sind überaus stolz auf ihr Gotteshaus. Am
23. und 24. Juni 2012 fand ein Fest zur hundertjährigen
Weihe der Kirche St. Johannes d. T. statt, begleitet von einem
eigens geschriebenen Theaterstück über die Bauzeit, das mit
großem Interesse von der Bevölkerung verfolgt wurde. Welcher
Teil zu größerem Stolz für die hiesige Gemeinde berechtigt
- der erhaltene Turmunterbau mit dem romanischen
Chor und den hochgotischen Teilen der Sakristei und der
jetzt zum Eingang umfunktionierte Chor selbst als altehrwürdige
und zu konservierende, kunsthistorisch wertvolle Bauteile
oder die einzigartige Art und Weise wie ebendiese Teile
in den Neubau integriert sind -, lässt sich schlussendlich und
objektiv nicht beurteilen.
Klar ist jedoch, dass Ottersweier im letzteren Punkt eine
absolute Rarität besitzt. In Ottersweier unterlag der Kirchenbau
von Neu-St. Johannes einem doppelten Problem: Zum
einen sollten aus denkmalpflegerischen Gründen Teile des
mittelalterlichen Vorgängerbaus erhalten bleiben, zum ande-
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