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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 408
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408 Kurt Hochstuhl

menschenverachtende Einstellung der übergeordneten militärischen
Strategen auf der anderen Seite, die mit ihren sinnlosen
Befehlen die Befehlsverweigerungen geradezu provozierten.
Fast hoffnungsvoll berichtete er am 17. September 1917 nach
Hause: „Die Erbitterung ist grenzenlos und ich glaube, ein Arbeiter
- und Soldatenrat nach russischem Muster würde unter
verschiedenen Kategorien von Vorgesetzten gewaltig aufräumend
„Diesen Vorgesetzten eklig an den Wagen" zu fahren,
weil sie „im Interesse von schmutziger Wäsche" ihn bestimmen
wollten, „das ,Häfele-Auf decken' zu unterlassen", war eine
der Privilegien, die er als Pflichtverteidiger weidlich ausnutzte.

In erster Linie blieb er allerdings Frontoffizier, der mit seinem
Regiment bei der Abwehr des alliierten Vorstoßes in der dritten
Flandernschlacht, Ende 1917, ebenso eingesetzt war wie bei der
letzten erfolglosen Großoffensive der deutschen Truppen, dem
Unternehmen Michael, im Sommer 1918. 19 Tage vor Kriegsende
, am 23. Oktober 1918, wurde Brandel Geck bei Bavay, einer
kleinen Gemeinde im Departement Nord, unmittelbar an der
französischen Grenze zu Belgien, von einer Granate tödlich getroffen
. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem deutschen Soldatenfriedhof
in Frasnoy, zusammen mit 4446 namentlich bekannten
und 449 unbekannten Kameraden. Erst vier Jahre später
erfuhren die Eltern die genaue Lage seines Grabes.

Die Nachricht vom Tode Brandeis machte schnell die Runde
in Offenburg. Georg Monsch, lange Jahrzehnte sozialdemokratischer
Weggefährte Adolf Gecks, notierte in seinem Tagebuch:
„Brandel, von der Natur verschwenderisch ausgestattet mit
herrlichem Talent zur Wissenschaft, Musik, Gesang, Beredsamkeit
, einem goldenen, lieben Gemüt und Frohsinn. Noch war
sein Werdegang unvollendet... Die sozialdemokratische Partei
erhoffte in ihm einstens einen Führer mit scharfem Verstand
und reichen Kenntnissen, aber auch mit einem treuen, guten
Herzen zum Aufstieg und zum Wohlergehen des internationalen
Proletariats, zum Segen der gesamten Menschheit."28

Ähnlich auch Rosa Luxemberg, die am 18. November 1918
aus dem Hotel Moltke in Berlin an Adolf und Marie Geck nach
Offenburg schrieb:

„Meine theuren, geliebten herzinnigen Freunde! Eben erhalte ich
über Breslau das furchtbare schwarze Couvert. Mir zitterte schon
die Hand u[nd] das Herz, als ich die Schrift u[nd] den Stempel
sah, doch hoffte ich noch, das Schrecklichste würde nicht Wahrheit
sein. Ich kann es nicht fassen u[nd] Thronen hindern mich
am Schreiben. Was Ihr durchmacht, ich weiss es, ich fühle es, wir
wissen den furchtbaren Schlag alle zu ermessen. Ich habe so unendlich
viel von ihm für die Partei, für die Menschheit erwartet.


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