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Ulrich Coenen
Abb. 12: Eisenbahnstraße
um 1910 (Blick
von der Einmündung
Schulstraße in
Richtung Westen).
Foto: Stadtgeschichtliches
Institut Bühl
falls im Stadtgeschichtlichen Institut
aufbewahrt wird, ist neben
dem Firmengelände Massenbach
auf der Südseite lediglich die Villa
Walchner auf der Nordseite zu
sehen. Deutlich erkennbar ist
aber bereits die Zweiteilung der
Eisenbahnstraße in die breitere
Fahrbahn und die schmalere Fußgängerpromenade
.
Die westliche Eisenbahnstraße ist bis heute eine repräsentative
Straße mit einer Reihe von für das Stadtbild wichtigen
Villen, die in offener Reihenbebauung entstanden sind, also
frei stehen. Sie unterscheiden sich damit von den Wohn- und
Geschäftshäusern, die den östlichen Straßenabschnitt überwiegend
prägen und meist in geschlossener Reihenbebauung
angelegt wurden.
Die Villen in der westlichen Eisenbahnstraße sind typisch
für die Zeit ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die städtische
Villa entwickelte sich erst ab 1840 zu einer Bauaufgabe des
aufstrebenden Bürgertums und folgte dabei dem Landhaus des
18. und frühen 19. Jahrhunderts. Charakteristisch ist dabei,
dass die Stadtvillen frei stehen. Die unterschiedlichen Stilrichtungen
des 19. Jahrhunderts, beginnend mit dem Klassizismus
, prägten ihr Erscheinungsbild. Es folgten Villen bis ins
frühe 20. Jahrhundert im Stil der Neurenaissance, der Neugotik
, des Neubarock, des Heimatstils und des Jugendstils.14 Diese
Entwicklung lässt sich in der westlichen Eisenbahnstraße gut
ablesen, wenngleich selbstverständlich nicht so ausgeprägt
wie in den Villenvierteln der benachbarten Kurstadt Baden-
Baden.
Auch im Hinblick auf den Stadtgrundriss lassen sich bei der
Eisenbahnstraße Beobachtungen machen, die für die Stadtplanung
des 19. Jahrhunderts charakteristisch sind. Heinz Kneile
hat die Stadterweiterungen des 19. Jahrhunderts im Großherzogtum
Baden untersucht.15 Er unterscheidet zwischen „alten
Marktstädten", wie Freiburg und Offenburg, und „barocken
Plan Städten" wie Rastatt und Karlsruhe. Bis zur Mitte des Jahrhunderts
wohnten die wohlhabenden Bürger in den Stadtzentren
, ab etwa 1830 erfolgte der Auszug in die Vorstädte.16 Auch
wenn Bühl als unbedeutender Markflecken nicht Untersuchungsgegenstand
Kneiles ist, lässt sich diese Beobachtung am
Beispiel der Firma Massenbach machen. Diese besaß ab dem
zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, also deutlich vor der
Eröffnung der Bahnlinie, ein ausgedehntes Fabrikareal für ihre
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