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Robert Krais
rend Ludwig Maier mit seinen Eltern, seiner Familie und weiteren
15 Malscher Juden (unter ihnen auch sieben Personen der
Familie Löb) in Hamburg am 13.Mai an Bord der „St. Louis"
ging, setzte sich Arthur Maier mit seiner Familie von Hamburg
aus nach England ab. Das gesamte Vermögen der Familien
Maier sowie das der anderen Emigranten musste entschädigungslos
in Deutschland zurückgelassen werden.7 Aus der Or-
tenau war außerdem die vierköpfige Familie Moses aus Haslach
im Kinzigtal auf der „St. Louis".8
Zuvor war es darüber hinaus den Gebrüdern Löb, die in
Malsch und Wiesloch eine Zigarrenfabrik betrieben hatten,
gelungen, am 25. Januar 1939 mit ihren Familien auf dem
Hapag-Schiff „Orinoco" Deutschland in Richtung Kuba zu verlassen
.
Sonja Geismar, geborene Maier, berichtete über die Fahrt
mit dem Schiff:
„Die ,St. Louis' war ein luxuriöses Kreuzfahrtschiff. Seine Beschreibung
lautete: ,Ein Schiff auf dem man sicher reist und
komfortabel lebt. Es gibt alles, was man sich nur wünschen kann
und was das Leben an Bord zum Vergnügen macht/ Ich erinnere
mich an seine glänzenden Böden, weiten Treppenaufgänge, das
Schwimmbad und einen großen Speisesaal. Zum ersten Mal probierte
ich Ananas und sah dunkelhäutige Kellner und Bedienungspersonal
. Meine Mutter sagte, es seien gute Leute und keine
,Hitlers' - das war ein Pluralwort geworden - und ich war getröstet
. Meine Eltern nahmen an einem offiziellen Ball teil und bis
zum heutigen Tag besitze ich noch das schöne purpurne Abendkleid
aus Seide, das meine Mutter trug/'9
Ähnlich erinnerten sich 15 Passagiere der „St. Louis", die sich
im April 1999 trafen:
„Hauptgesprächsthemen zur,St. Louis' waren das Schwimmbad,
die Maskenbälle, Bordspiele und der ausgezeichnete Service auf
dem Schiff sowie die Fürsorge von Kapitän Gustav Schröder. Mehrere
Damen schwärmten von der Eleganz der Bordbälle, bei denen
die damaligen Kinder nicht bis zum Schluß bleiben durften/'10
Sonja Geismar weiter:
„Trotz der vielseitigen Beschäftigungsmöglichkeiten und der Erleichterung
, Europa verlassen zu können, herrschte Angst unter
den Passagieren wegen des ungewissen Starts in einem neuen
Land, Traurigkeit und Sorgen wegen der zurückgelassenen Lieben.
... Nach zwei Wochen auf See weckten uns die Schiffsglocken
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