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Das „Judewegle" in Dörlinbach
ferte vor einigen Jahren der 1912 geborene Zeitzeuge Berthold
Hermann: „Ich erinnere mich [...], wie der [...] Maier Maier mit
der Marktchaise zu Fuß ins Kinzigtal ging. Fürwahr eine mühsame
Angelegenheit bei den damals noch unbefestigten Straßen
. Vor dieser Zeit trugen die jüdischen Händler ihre Waren
auf Kraxen [Rückenkörbe], wie sie auch die Schwarzwälder
Uhrenhändler verwendet haben. Am heutigen Sportplatz geht
ein Pfad hinüber ins Kinzigtal. Er heißt ,der Judenpfad'."8 Weitere
Informationen zu diesem Weg gibt es jedoch nicht. Ein
weiterer „Judenpfad", der im Jahr 1894 beschrieben wird, hat
hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts mit der Handelstätigkeit
der Juden zu tun, sondern meint lediglich den Weg
zum jüdischen Friedhof Schmieheim.9
Auch in das Schuttertal hinüber soll es Verbindungswege
aus den Dörfern in der Vorbergzone und der Rheinebene gegeben
haben. Darauf möchte seit dem Jahr 2004 ein eigens ausgewiesenes
sogenanntes „Judewegle" im Wald bei Dörlinbach
aufmerksam machen.
Zu diesem Weg gelangt man von Dörlinbach aus über die
Sandebene. Das eigentliche „Judewegle" beginnt etwa 600 m
westlich von der Sandebene beim Runzenbach. Von dort geht
es durch den Wald steil hinauf zum Hauptweg beim Schwie-
bögle.
Eine beim Einstieg in den Weg an einem Findlingsstein angebrachte
Tafel berichtet seit 2004 das Folgende:
„Das Judewegle erinnert an die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg,
als noch mehrmals im Jahr Landjuden aus der Vorbergzone zu
Fuß ,über den Berg' (Helgenstöckle - Ettenheimer Hütte - Schwie-
böglestein) wanderten, um in Dörlinbach mit Vieh zu handeln
und ausgesuchte Gebrauchsgüter und Textil- und Kurzwaren anzubieten
. Die ,Viehjuden' kamen gewöhnlich von Altdorf, die
,G eschirrjuden' von Kippenheim, die , Stoff juden' und ,Bändeleju-
den' von Schmieheim. Die alten Dörlinbacher erinnern sich vor
allem noch an jene Handelsjuden, die in ihren Häusern Stoffe
jeglicher Art anboten. Die in verschnürten Kartons verpackten
Stoffballen wurden am Gehstock (,Hokestock') über der Schulter
getragen. Die jüdischen Händler, die meistens zu dritt, viert oder
fünft unterwegs waren, trugen stets einen schwarzen Mantel und
einen schwarzen Hut und gingen hintereinander, im Judenmarsch
', wie es die Leute im Tal nannten. Während die jüdischen
Stoffhändler noch bis 1938 ins Dorf kamen, fand nach 1933 der
Viehhandel zwischen den ,Viehjuden' und den ortsansässigen
Bauern auf der ,Sandebene' statt - und wurde vom örtlichen Gemeindeboten
überwacht/'
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