Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 270
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Günther Fischer

„Pauken und Trompeten" wurden die Umsiedler empfangen.
Zur Begrüßung waren die örtlichen Gemeindevertreter, die
zuständigen SS-Lagerführer, Krankenschwestern des DRK und
die Musikkapelle gekommen.8 In Turn- oder Fabrikhallen und
Jugendherbergen, in Gebäuden der Wehrmacht oder des
Reichsarbeitsdienstes brachte man sie einen Monat lang zur
Quarantäne unter. Bis zu 50 Personen wurden in einen Raum
mit Stockbetten und Strohsäcken, Tischen, Stühlen und Hocker
gesteckt. Waschräume und Toiletten befanden sich auf
dem Gang. Militärisch war das Lagerleben ausgerichtet: 6 Uhr
Wecken, Waschen - 8 Uhr Frühstück: Roggenbrot, Margarine,
Marmelade, einfacher schwarzer Kaffee. Die Kleinen bekamen
Milch oder Kakao - 12 Uhr Mittagessen: meist Eintopf oder
Suppe, manchmal Salzkartoffeln mit irgendeiner Zutat, Fleisch
mit Sauce waren selten - 18 Uhr kaltes Abendessen: Roggenbrot
und Aufstrich, manchmal Scheibenwurst, Tee - 22 Uhr absolute
Nachtruhe.9 Bald machte sich Langeweile breit. Nur für
wenige gab es eine sinnvolle Beschäftigung. Die Buchenland-
Deutschen waren an einen aktiven Tagesablauf gewöhnt. Das
Lager zwang sie zum Herumsitzen, Karten spielen, Spazierengehen
und Handarbeiten. Selbst Militärmusik, Rundfunkübertragungen
, Propaganda, Frauenschafts-Versammlungen, NSV-Ver-
anstaltungen und HJ- bzw. BDM-Zusammenkünfte konnten
ihnen das Heimweh nicht vertreiben. Erst später war auch
Unterricht möglich. Streit unter den Bewohnern blieb nicht
aus.10 Wer keine Arbeit hatte, erhielt pro Woche 3,50 RM.
Rauchwaren wurden auch verteilt. Jeder Erwachsene führte
einen Lagerpass mit sich. NS-Erzieherlnnen übten mit den Kindern
die hochdeutsche Sprache, indem Volkslieder und nationalsozialistisches
Liedgut gesungen und Geschichten und Märchen
erzählt wurden. Noch in der Phase der Quarantäne warb
die Waffen-SS junge Burschen an, und holte sie in SS-Spezi-
aleinheiten. Ohne Einbürgerung erklärte man sie zu Volksdeutschen
. Endlich, im Juli 1941 erhielt die fünfköpfige Familie
Silzer ihre Einbürgerungsurkunde. Nach einer mehrstündigen
ärztlichen und „arischen" Überprüfung durch eine „fliegende
Kommission" erhielten sie den Stempel O III. Die junge Familie
aus Sereth erfüllte die erbbiologischen, politischen, charakterlichen
sowie wirtschaftlich-leistungsmäßigen Kriterien. Sie
galt als vorwiegend arisch mit nur geringem Fremdeinschlag.11
Ihrer Ansiedlung als Handwerker und Bauern im Osten stand
nichts mehr im Wege. Es sollte jedoch weitere zwölf Monate
dauern, bis im September 1942 mit dem SS-Arbeitsstab Schroda-
Warthegau (Polen) ein Vertrag mit einer Laufzeit von fünf
Jahren unterzeichnet wurde. Möglicherweise ist die Verzöge-


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