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Jugendwehren im Renchtal während des 1. Weltkriegs
Wehrturnen, Brennnesselsammlungen, patriotische Vorträge
Als Alternative zur Bildung von Jugendwehren zeichneten sich
Ausbau und Anpassung des Turnunterrichts an die Anforderungen
des Militärs ab. Fritz Nusshag, der bis 1912 das Pädagogium
in Oberkirch geleitet und sich als Vorsitzender des dortigen
nationalliberalen Vereins politisch exponiert hatte39, ver-
fasste 1916 eine Denkschrift über die „militärische Vorbereitung
der Jugend". Den Leibesübungen wies er eine Schlüsselrolle
bei der „Stärkung der Wehrfähigkeit des deutschen Volkes"
zu.40 Er forderte, dass die Schulen für die Leibeserziehung bis
zum 17. Lebensjahr zu sorgen hätten. In den höheren Schulen
war Turnen ohnehin vorgesehen, in den Gewerbe- und Fortbildungsschulen
sollten zwei bis drei Stunden Turnunterricht bei
der männlichen Jugend gegeben werden. Turnen war für Nusshag
Vorbereitung auf den Fronteinsatz:
„Das Turnen ist wie das Eisen: Der Friede macht aus ihm Hammer
und Pflugschar zu segensvoller Arbeit, der Krieg aber schmiedet
aus ihm das Schwert, das in den Reihen der Feinde wütet"41
Die Inhalte des Turnunterrichts sollten stärker auf die Bedürfnisse
des Militärs abgestimmt werden. Nusshag schlug vor,
statt des Geräteturnens „volkstümlichere Übungen" wie Marschübungen
in verschiedenen Formationen, Hindernislauf, Hangeln
und Klettern, Schwimmen sowie Turnspiele jeglicher Art
zu praktizieren (Abb. 7 und 8). Eine wichtige Rolle sollte die
Abb. 7: „Reiterspiele"
im Turnunterricht der
Realschule Oberkirch
(1914)
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