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Wilhelm Hasemann und seine Schiltacher Flößer-Motive
Impressionismus ausweichen, aber auch - im Zeitalter der Industrialisierung
mit seiner Vermassung und den sozialen Gegensätzen
- ästhetisch schöne, liebenswerte, freilich unkritische
Gegenbilder setzen: Für ein reiches, sich zugleich „von
unten" bedroht fühlendes Bürgertum und die monarchischen
Höfe, denen an einer engen Verbindung zu „ihrem Volk" gelegen
war. Zu beachten sind auch die in diesen Schichten verfügbaren
Mittel, die freischaffenden Künstlern aus ihren strukturellen
finanziellen Schwierigkeiten heraushelfen konnten. Vor
diesem Hintergrund ist auch der Entschluss Hasemanns zu
sehen, sich abseits der Metropolen niederzulassen und sein
malerisches und geistiges Können einer Landschaft wie dem
Schwarzwald und seinen Menschen zu widmen. Dabei stand
das Festhalten seiner natürlichen und kulturellen Schönheit
im Vordergrund, das Aufzeigen von Architektur, Sitten und
Traditionen, so der noch immer getragenen Tracht, aber auch
der von alters überkommenen Arbeitswelt, die ihrerseits von
Industrialisierung und Technisierung bedroht war.10
Flößereistudien in Schiltach 1885
Von den landschaftsverändernden Eingriffen durch den
Bahnbau konnte sich auch Hasemann überzeugen, als er 1885
das obere Kinzigtal von Schiltach bis Alpirsbach erkundete,
wo gerade das letzte Teilstück der Kinzigtalbahn Hausach-
Freudenstadt vor der Fertigstellung stand. Für die Zeitschrift
„Über Land und Meer", ein in Stuttgart erscheinendes illustriertes
Unterhaltungsblatt, sollte er einen Beitrag über diese
„kühne Gebirgsbahn, die Millionen und aber Millionen verschlungen
", illustrieren.11 Dafür machte er Ende Oktober „von
Schiltach aus verschiedene schöne Wanderungen in die Berge
bis Alpirsbach"; Mitte November quartierte er sich in Schenkenzell
ein, um von dort aus an den „Vorstudien für die betreffenden
Illustrationen" zu arbeiten. Dabei imponierte ihm
durchaus, wie sich „direkt an das Portal eines Tunnels eine
Brücke (anschließt), die über die Kinzig führt, welche dort
noch ein wilder Gebirgsbach ist". Er kam in Kontakt mit den
Ingenieuren, „und so war mir alles zugänglich; es ist sehr interessant
, wie so ein Tunnel gebaut wird". Die meisten Arbeiter
waren Italiener: „Mehrere Hundert dieser Leute sind in der
Gegend, viele mit Frau u. Kind. In den Ortschaften giebt es
auch italienische Kaufleute, Schuhmacher, Photographen usw.
und macht das einen eigenthümlichen Eindruck, die verschiedenen
italienischen Firmen an den deutschen Bauernhäusern
zu sehen."12
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