http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0118
Denkmalkunst und gefährdetes Gedenken
land konnten von den angehörigen Familien und Kameraden
nie besucht werden. Auch dafür bot das neue Denkmal von
1927 jetzt nach achteinhalb Jahren einen kleinen tröstlichen
Ersatz, als Ort für Trauer und stilles Gedenken. Nur 21 Grabstätten
für Gefallene des 172er Regiments rinden sich auf dem
keinen Ehrenfriedhof am Waldbach, auf dem Soldatenfriedhof
von Arras, einem der Schlachtorte des Regiments, ruhen dagegen
44.833 deutsche Soldaten des Ersten Weltkriegs. Es ist
nicht bekannt, wie viele 172er dabei sind. Für den 172er Emil
Huber aus Offenburg, den jüngsten deutschen Kriegsfreiwilligen
des Ersten Weltkrieges, wurde 1939 auf Veranlassung seines
Bruders Ludwig, inzwischen Wehrmachtsangehöriger in
einem neuen Krieg, von seinem Regiment und der Stadt Offenburg
ein Ehrengrab auf dem Waldbachfriedhof vom NS-Oberbürgermeister
Dr. Rombach eingeweiht. Zum Andenken Emil
Hubers hatte man auch an die Benennung einer Straße, eine
Gedenktafel an seinem Geburtshaus in der Straßburger Straße
oder die Widmung an einem HJ-Heim als Vorbild für eine neue
Soldatenjugend gedacht.
2. Erstes Nachspiel 1927: Ein Flaggenskandal nach dem
Offenburger Regimentstag
Der Wunsch des Offenburger Oberbürgermeisters Holler am
Abschluss seiner Willkommensrede bei der Denkmaleinweihung
am 07.08.1927 für „einen recht erhabenen und würdigen
Verlauf der Totenehrung" sollte ein unliebsames Nachspiel
haben. Dies wurde auch schon unmittelbar im Anschluss an
die Feiern in einer nicht ganz konformen Pressemeldung deutlich
: Zwei Tage nach deren Ende fand sich im Offenburger
„Volksfreund" vom 10.08.1927 ein äußerst kritischer Kommentar
zum Festbankett in den landwirtschaftlichen Hallen. Er
beleuchtet die „Tendenz hinter den schönen Salbadereien" im
Auftreten „einiger abgetackelter Offiziere in schmucker Uniform
mit dem Klempnerladen an der teutschen Heldenbrust
und den Monokel ins Auge geklemmt". Ein Fahnenträger habe
die Wiedererstehung des alten Regiments erhofft, dem er die
neue Fahne vorantragen wolle. Ein Skandal aber sei es, dass zu
vorgerückter Stunde das Ehrhardtlied „Hakenkreuz am Stahlhelm
" intoniert und „kräftig mit gebrüllt wurde". Auch sei eine
schwarz-weiß-rote preußische Fahne statt der vorgeschriebenen
schwarz-rot-goldenen republikanischen Reichsfahne aufgehängt
worden. Beim Festzug hätte schließlich die Masse der
städtischen Arbeiterschaft als ehemalige Kerntruppe der Front
gefehlt.
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