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Denkmalkunst und gefährdetes Gedenken ^ 29
geopferten Soldaten und nicht zur Hoffnung auf Frieden
passt". H. Braun verlangt stattdessen von der Stadt die Ausschreibung
für einen Wettbewerb zu einem Friedensdenkmal.
Daran könnten sich Friedensgedanken und -gespräche entzünden
, „an einem Löwen nicht!"
Ein weiterer Leserbriefschreiber, J. Schmidt-Heydt, versuchte
in seiner Erwiderung in diesem Leserbriefeduell abschließend
die Wogen etwas zu glätten. Er wolle auf ein grundlegendes
Missverständnis aufmerksam machen, bei dem die Eigenschaften
des Löwen falsch gedeutet würden. Dieser stünde in seiner
Symbolik als König der Tiere für Kraft, Mut, Gelassenheit und
beherrschte Tapferkeit. Ihn mit Gewalt und Blutrünstigkeit
gleichzusetzen, sei eine Fehldeutung. So habe doch auch der
zum Verrat missbrauchte Judaskuss nicht alle folgenden Küsse
verräterisch gemacht. Auch spiele der Löwe im Christentum
eine positive Rolle, genau so wie in Ägypten als Signal für die
einsetzende Nilschwemme oder allgemein als Brunnenfigur.
Der Leserbriefschreiber würde sich freuen, wenn der Löwe in
diesem Sinne sichtbar als Symbol erhalten bliebe.
Unabhängig von dieser erregten politischen Debatte wurde
noch im gleichen Jahr das beanstandete Löwendenkmal abgebaut
und an einen neuen Standort in der Nähe versetzt. In
einer äußeren Ausbuchtung der südlichen Stadtmauer im ehemaligen
Festungsgraben, der Grabenallee, brüllt der Löwe jetzt
eher still und verkehrsberuhigt im Abseits und in eine andere
Richtung. Eine Kompasspeilung hat inzwischen ergeben, dass
er zufällig ausgerechnet auf Colmar im Oberelsass ausgerichtet
ist: „Honi soit qui mal y pense!"
Abb. 12: Dionysos
ersetzt den Löwen und
wird später selbst an
die Stadtmauer
versetzt
a) am alten Standort
b) antike Huldigung
c) an der Mauer
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