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Volkstümliche Kunst: Kleindenkmäler in Gremmelsbach
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milie Schneider nicht bekannt, doch hat nach deren Meinung
diese Kleinplastik schon mindestens lVz Jahrhunderte lang
hier ihren Platz. Familie Schneider hat die Marienstatuette
stets liebevoll gepflegt und geschmückt - eine Stätte der Hausandacht
, eine Idylle. Betrachtet man die kleine Figur genauer,
so ist ihr rotes Herz zu erkennen, also handelt es sich um eine
Herz-Marien-Statue.
In der Kirchengeschichte hat die Herz-Mariä-Verehrung
eine lange Tradition. Schon die Kirchenväter förderten sie, im
Mittelalter waren es Gertrud von Helfta und Brigitte von
Schweden, in der beginnenden Neuzeit Petrus Canisius und
Franz von Sales. Papst Pius IX. führte 1855 ein eigenes Fest ein,
Pius XII. weihte 1942 die Kirche und die ganze Menschheit
dem unbefleckten Herzen Mariä. Neu entfacht wurde die Bewegung
durch die Marienerscheinungen in Fatima. Fremder Ein-
fluss auf eine kleine Pfarrei schon hier!
II. Der „Leutschenbachseppenhof
Ein fast vergessenes Kleinkunstwerk stand auf dem „Leutschenbachseppenhof
", von Heinrich Hansjakob in den „Erinnerungen
einer alten Schwarzwälderin als „Sephenhof" bezeichnet
, zwischen dem Dieterlehof und dem seit wenigen
Jahrzehnten sogenannten Leutschenbachhof (Abb. 2). An der
Hofstatt erinnert heute nur noch eine Hinweistafel an den
einst uralten, möglicherweise den frühesten Hof im oberen
Leutschenbach. Erhalten ist eine Fotografie, die wir wie die
ganze Sammlung von Fotografien mit Gremmelsbacher Höfen
Franz Dold, vermisst in Stalingrad, verdanken. Es war eine
etwa ein Meter große Statue. Seit vielen Jahren war kaum noch
von ihr die Rede, man wusste vielfach nicht einmal mehr, ob
es eine Männer- oder eine Frauengestalt war. Zu hören war die
Bezeichnung „Heidemali", nach dem „Heidenhof", einer Form
des Schwarzwaldhofs. Dass es das Bild der heiligen Agatha war,
wusste nur noch Leonhard Fleig t; dessen Vater die Obhut über
die Figur hatte. Und somit gehört die Heilige in den großen
Zusammenhang der Verehrung, die ihr in Europa über Jahrhunderte
zuteilwurde. Dafür spricht die ganze Darstellung, ihr
langes Faltengewand, der wenig kürzere Mantel darüber, ihre
zierliche, fast schwächliche Gestalt ohne weibliche Formen,
ohne alle männlichen Attribute, in den zarten Händen kein
Gerät, keine Waffe, in einer Hand ein quadratischer Gegenstand
, vom Mantel teilweise verdeckt, möglicherweise ein Gebetbuch
oder eine Bibel. Auf dem Kopf eine hohe Bedeckung,
gewiss kein Helm, eher eine Krone, aus der kurzes Haar quillt. Abb. 2
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