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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
97. Jahresband.2017
Seite: 203
(PDF, 82 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0204
Die Auslöschung der jüdischen Gemeinde von Offenburg 203

Inhaltliche Analyse

Der Text ist aus der Sicht des Rates geschrieben, doch finden
sich darin und teilweise mitten im Satz mehrfache Perspektivenwechsel
bei Aussagen und Handlungen, die einerseits dem
Rat, andererseits aber den einzelnen Juden, etwa beim Verhör,
zugeschrieben werden.26 Er setzt ein mit der Ankündigung des
Offenburger Rats, worum es in seinen Ausführungen konkret
gehe: Als Ir uns enboten bant umb daz verleben, so unser luden
verleben bant, [...] (Z. 5f.). In Rosenthals Übersetzung lautet der
Abschnitt: „Da ihr uns entboten habt um das Vergehen, das
unsre Juden vergingen, [...]." Das Verb „veriehen" wird in dem
gesamten Bericht aber immer nur in einer bestimmten Bedeutung
verwendet, und zwar nicht im Sinne von „vergehen"
oder (eine Tat) „begehen" sondern im Sinne von (etwas) „gestehen
" (vgl. Z.15, 19, 21, 23, 33, 37f., 49).27 Der Abschnitt
muss in der Übersetzung eigentlich lauten: „um das Geständnis
, das unsere Juden gestanden haben" bzw. „angegeben
haben". Dieses hier angezeigte Geständnis aber wurde zunächst
gar nicht von den Offenburgern errungen, sondern -
eindeutig so mitgeteilt: Als Ir uns enboten bant (Z. 5) - offensichtlich
von den Straßburgern! Das mittelhochdeutsche Wort
„enbieten" bedeutet „verkünden" bzw. „eine Mitteilung überbringen
lassen" ebenso wie „bieten" bzw. Grüße „entbieten"
(vgl. Z. 3) oder „darbieten" im Sinne von „informieren"; bereits
Rosenthal scheint mit der Wortbedeutung Schwierigkeiten
gehabt zu haben und hat es erst gar nicht übersetzt! Es müsste
wohl heißen: „Als ihr uns informiert habt über das Geständnis
, das von unseren Juden abgegeben wurde, [...]". Demnach
dürfte dieses Geständnis wohl am ehesten bei einer - vermutlich
unter Anwendung von Folter durchgeführten - Befragung
der in Straßburg ansässigen Juden zustande gekommen sein,
vielleicht von jemandem wie dem 1338 belegten Lenit oder
dem zusätzlich 1343 und 1346 belegten Gumprecht von Offenburg
, wahrscheinlich im Rahmen der ersten Straßburger
Pogrome im Sommer 1348.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass es in Offenburg
selbst möglicherweise gar keinen Grund gegeben haben
könnte, weshalb die Juden irgendeines Verbrechens hätten
verdächtigt werden müssen. Denn bemerkenswerterweise enthält
der Bericht gar keine Angabe zum Anlass der Untersuchung
. Sie scheint allein dadurch begonnen worden zu sein,
weil dem Offenburger Rat aus Straßburg mitgeteilt wurde, Offenburger
oder ursprünglich aus Offenburg stammende Juden
hätten im Verhör dort lebende Glaubensgenossen beschuldigt,


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