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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
97. Jahresband.2017
Seite: 211
(PDF, 82 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0212
Die Auslöschung der jüdischen Gemeinde von Offenburg

Überlegenswert wäre Ruchs Interpretation allerdings dann,
wenn dieses späte Bekenntnis fehlender Beweislast, das ja
quasi dem Eingeständnis eines „Justizirrtums" gleichkommt,
als ein mehr oder weniger subtiler Hinweis an die Straßburger
Kollegen gedacht war, die Vorwürfe gegen die Straßburger
Juden genau zu prüfen und nicht bloß auf Basis aggressiver
Stimmungen in der Bevölkerung, Gerüchten und unter Folter
erpresster Geständnisse ein Pogrom durchzuführen. Diese Interpretation
würde auch im Rahmen der bisherigen Beobachtungen
zu Inhalt und Begrifflichkeit dieses Berichts einen
Sinn ergeben, wie etwa der Umschreibung, ja geradezu Vermeidung
der Schilderung eines Tatbestands der „Brunnenvergiftung
", der zugeschriebenen Selbstbeschreibung der geständigen
Täter als „kriminelle" bozwiht (Z. 28) statt als Exekutoren
einer religiös motivierten Verschwörung gegen die Christen.
In diesem Kontext gewinnt vielleicht auch die bestechende
Wortwahl in der Schilderung des Vorwurfs der Juden an den
Offenburger Rat, er wolle sie „ermorden lassen" (lassen mürden;
Z. 30 f.), eine neue Bedeutung; es wird damit bereits auf das im
Folgenden vom Rat an den Juden begangene Unrecht hingewiesen
.

Ein Ratsumsturz in Offenburg im Januar/Februar 1349?

Vor einer zusammenfassenden Beurteilung des Berichts sei
noch auf eine bemerkenswerte Parallele zwischen Straßburg
und Offenburg hingewiesen. Ebenso wie am 10. Februar 1349
die Straßburger Zünfte durch einen Umsturz an die Macht
drängten, ist auch für Offenburg im Jahr 1349 eine Verfassungsänderung
belegt, die den Zünften eine erheblich größere
Beteiligung am Stadtregiment einräumte!38 Die Urkunde, in der
diese Änderung von den Offenburger Pfandherren, den Markgrafen
von Baden, zugestanden wurde, ist datiert auf den 27.
Oktober 1349. In ihr wird die Verbindlichkeit der neuen Stadtordnung
stark betont, samt einer Strafandrohung bei Missachtung
. Vermutlich handelte es sich um eine den Bürgern
zwangsverordnete Maßnahme, der wohl ziemlich heftige Auseinandersetzungen
innerhalb der Bürgerschaft im Lauf des
Jahres 1349 vorausgegangen waren und die jetzt zur Beruhigung
der Situation beitragen sollte. Es stellt sich die Frage, ob es
nicht auch in Offenburg - ganz ähnlich wie im Februar 1349 in
Straßburg - zu einem Umsturz gekommen sein könnte, der die
politischen Verhältnisse in der Stadt erheblich zugunsten der
Zünfte veränderte, wodurch - ähnlich wie in Straßburg - die
Juden in Bedrängnis und letztlich zwischen die Mühlsteine der


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