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Die Auslöschung der jüdischen Gemeinde von Offenburg ?1 7
in einen Brunnen geworfen, so wie es uns der fremde Jude zuvor
gestanden hat. Da stellten wir den Schaden zur Rede und taten
ihm gar weh mit Daumen und anderen Sachen, und wollte dieser
zunächst Nichts gestehen, da ließen wir ihn wieder ab, da es
bereits spät am Heiligen Abend war, und warteten bis zum Mittag
des nachfolgenden Tages und gingen zu ihm und stellten ihn
abermals zur Rede, und gestand er ungezwungen, dass Schälklin
der Jude von Rottweil und Kerfholz von Haslach und Süßkind
und derselbe Schade [= er selbst] vor dem Herbst in der Stube
desselben Schadens [= seiner Stube] zusammen gesessen seien
und der momentan in Schwaben auftretenden Vorgängen (Lauf)
der „Verunreinigung" von Brunnen gedachten, und sie hätten
gemeinsam beschlossen, dies in Offenburg genau so zu machen,
wie zuvor beschrieben. Da gingen wir erneut zu dem Juden namens
Süßkind und stellten ihn zur Rede. Da wollte dieser nichts
weiter sagen als das, was er zuvor gesagt hatte; da hieß man ihn
an die Daumen hängen. Nachdem er eine Weile hing, bat er,
dass man ihn herablasse, er wolle sagen, was er wisse. Das taten
wir. Da gestand er, dass Schälklin und Kerfholz und Schade und
er am Heiligen Kreuztag [= 14. September] hier in der Stube des
Schaden gesessen seien und vereinbart hätten, diesen Brunnen
zu „verunreinigen" was sie auch taten. Wir fragten ihn, weshalb
sie es getan hätten, da [sagten sie und] gestanden, [sie seien]
„Bösewichte" und wollten [...?]. Da diese [Juden] gestanden, [so
haben wir sie verbrant?]. [Und da wir überein] gekommen
waren, dass man sich der Juden entledigen sollte, als die Juden
das erfuhren, sandten sie nach unserem Rat und baten, sofern
man sie [ohnehin] erschlagen, entmannen und alle zusammen
ermorden lassen wolle, dass wir das wohl tuen mögen und
ihnen befehle, ein Feuer zu machen oder von ihrem Gut ein
Haus zu kaufen, in dem sie lieber verbrennen wollten. Da redeten
wir mit ihnen: wollte von ihnen einer oder zwei oder sie alle,
Mann oder Frau, bei Tag oder bei Nacht [aus der Stadt] wegziehen
, so würden wir ihnen eine halbe Meile Geleit geben und
ihnen gestatten ihr Gut mitzutragen oder zu führen. Wollten sie
dies aber nicht, so würden wir ihnen gerne befehlen ein Feuer
aus ihrem Gut [bzw. dem damit erworbenen Haus] zu machen,
doch wollten wir ihnen nicht befehlen, in dieses [Feuer] hineinzugehen
. Sofern sie jedoch hineingehen wollten, so könnten sie
dies tun, was sie dann auch taten. Und haben [die Juden] weiter
zu keinem anderen etwas gestanden [wörtlich: von Niemandem
Nichts gestanden], weder zu euren Juden noch zu anderen, als
das was zuvor geschrieben steht; und von dem Brunnen, von
dem sie gesagt hatten, [sie hätten ihn „verunreinigt"], den
schöpfte man aus, da fand man nichts darin.
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