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Das Jugendtreffen 1930 auf dem Sohlberg
sich Straßburg und das Münster erhebt, sind deutsche und französische
junge Menschen zusammengekommen, um sich auszusprechen
über religiöse, politische und wirtschaftliche Verhältnisse
ihrer Länder; nicht zuletzt (...) um sich zu verstehen, sich
kennen und achten zu lernen/'6 Die Landschaft selbst inspirierte
die menschlichen Begegnungen: „Hier spinnt die Natur selber
Fäden von Volk zu Volk", äußerte ein Teilnehmer der Tagung.7
Die neue Jugendherberge auf dem Sohlberg war erst im Juni
1929 eingeweiht worden. Der ehemalige Reichskanzler und
amtierende Minister für besetzte Gebiete, Joseph Wirth, war
bei der Einweihung anwesend.8 Die Einrichtung sollte der Jugend
aus den besetzten badischen Gebieten als Schullandheim
vor allem in und um Kehl dienen. Deswegen hatte sich auch
die Stadt Kehl mit einem Zuschuss von 10.000 RM beteiligt.
Drei Gewerkschaften stellten dem Gau Baden des Verbandes
für deutsche Jugendherbergen hauptsächlich die Mittel zum
Bau der Einrichtung zur Verfügung.9 Weiterhin wurde eine
nationalistisch-revisionistische Grenzlandpolitik mit dem Bau
und Betrieb des Hauses verbunden: „Das neue Sohlberghaus
wird eine Aufgabe von hervorragender kultureller Bedeutung
zu erfüllen haben, die Verbindung mit dem alten deutschen
Kulturgebiet im Elsaß aufrecht zu halten. Wer vor dem Krieg
im Elsaß gelebt hat, weiß, wie gern besonders der Straßburger,
der Colmarer Bürger sich in die Schwarzwaldberge begab.
Wenn die heutigen strengen Fesseln staatlicher Abgeschlossenheit
einmal gefallen sein werden, müssen wir bereit sein, die
abgetrennten Brüder zu empfangen, um ihnen deutsches Land
und Leben vor Augen zu führen."10 Es entbehrt nicht der Ironie
, dass 1930 die Jugendherberge der Begegnung mit den bislang
als Erbfeinden verfemten Franzosen diente.
Mit der Gründung des „Sohlbergkreises" wurde die Erinnerung
an den Ort des Treffens von 1930 konserviert. Friedrich
Bran erklärte den Sohlberg „zu einer Art Kultstätte („colline in-
spiree") der deutsch-französischen Jugend".11 Auch wenn die
nachfolgenden Treffen an anderen Orten stattfanden, blieb der
Mythos des Sohlbergs präsent. Eine Tanne als Symbol des Sohlbergs
schmückte die Titelseite der Deutsch-französischen Monatshefte
.
Die Vorbereitungen für das Treffen
Die Initiative zu dem Treffen von 1930 war von dem Karlsruher
Kunstlehrer Otto Abetz ausgegangen.12 Der 1903 in Schwetzingen
geborene Beamtensohn begeisterte sich für die Jugendbewegung
und trat 1913 dem „Wandervogel" bei, der sich später
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