Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
97. Jahresband.2017
Seite: 328
(PDF, 82 MB)
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328

Günther Fischer

Abb. 1: Deutscher
Soldat liest einen
Feldpostbrief an der
Ostfront (1942).

postbriefe. Sie war es nämlich, die die Korrespondenz
zu den meist ledigen, jungen Soldaten
aufrechterhielt. Dieser Fundus ist umso mehr
als glücklich zu bezeichnen, da es seit den
1980er Jahren ein gesteigertes Interesse an der
„Geschichte von unten" gibt. Soweit die Briefe
in Sütterlin geschrieben sind, wurden sie vom
Verfasser transkribiert und der heutigen Rechtschreibung
angeglichen. Fehlende Satzzeichen
und Flüchtigkeitsfehler wurden ergänzt. Auslassungen
oder unleserliche Stellen sind als
solche (...) gekennzeichnet.

Besonders wichtig ist, dass die Texte ohne
jeden Gedanken an eine Veröffentlichung geschrieben
sind, unmittelbar aus der Stunde
und Stimmung, aus Kämpfen, Siegen, Leiden
und Gefahren heraus. Der heutige Leser muss
bei der Betrachtung der Inhalte mitbedenken,
wie sehr sich die Wehrmachtsangehörigen in
Schul- und Berufsausbildung, Alter, Weltanschauung und sozialer
Herkunft unterschieden. Dem Erlebnis des Krieges
waren ganz verschiedene Lebenserfahrungen vorausgegangen
. Einige Briefe hatten die Postzensur durchlaufen. Das NS-
Regime wollte mit der Kontrolle die Stimmung in der Truppe
erfassen. Glück hatte, wer seine Zeilen einem Urlauber mitgeben
konnte.

Geschrieben wurde im Schützengraben, im Erdbunker, auf
See, auf der Schreibstube, beim Tross, im Lazarett oder in
einer Gefechtspause. Was aufgeschrieben wurde, war Alltag
auf Papier: Der Klatsch und Tratsch der Familie, die Arbeit,
Ernte und Aussaat, die Besorgungen, auch das Private und
Intime, nicht zu vergessen die Not und das Elend des Krieges.
Urlaub gehörte zu den wichtigsten Dingen, deren aktueller
Stand berichtet wurde. Da der gemeine Soldat in die allgemeine
militärische Lage keinen Einblick hatte, wurde dazu
viel gehofft und spekuliert. Die Nachbarschaft und die Bekanntschaft
nahmen teil an der Freude, wenn ein Brief kam,
und an der Enttäuschung, wenn er ausblieb. Manchmal wurden
Briefe wechselseitig gelesen. Von den meisten Absendern
existieren wohl nur noch diese Briefe, weil sie selbst im Krieg
ihr Leben verloren. Was diese Menschen erlebten, ist unvorstellbar
grausam und unmenschlich. In der Regel waren
Frauen die Empfänger. Sie bekamen gewissermaßen gefilterte
Informationen, während Briefe, die an Männer gerichtet
waren, den Kriegsalltag deutlicher zum Ausdruck brachten.


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