http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0348
Die Gemeinde Nordrach und das Lebensbornheim „Schwarzwald"
347
Ärzte und Ärztinnen
«47
Nachdem Hagemeier Ende Februar 1943 in das Heim „Harz"
versetzt worden war, war das Heim „Schwarzwald" bis zum Eintreffen
des norwegischen Arztes Dr. Magne Mortensson-Egnund,
Angehöriger der norwegischen Waffen-SS-Freiwilligen-Legion,44
am 13. März 1943 ohne Arzt und Heimleiter. Mortensson-
Egnund, vom SS-Sanitätsamt versetzt, hatte keinerlei Interesse,
im deutschen Reichsgebiet tätig zu sein, sondern strengte seine
Versetzung zurück nach Norwegen an.45 Darüber hinaus ist anzunehmen
, dass er während seiner Zeit in Nordrach infolge seines
Alkoholproblems46 unangenehm auffiel, denn Ebner erwähnte
in einem Bericht an Max Sollmann, Vorstand des Lebensborn
e.V., die „Entgleisungen des Dr. Mortensen [sie]
hätten wohl nur dank der Oberschwester „nicht weitere Kreise
gezogen"48. Vor diesem Hintergrund scheinen Zweifel hinsichtlich
der ärztlichen Kompetenzen Mortensson-Egnunds berechtigt
. Mit Wirkung vom 1. Mai wurde er vom Lebensborn e.V.
München zum Höheren SS- und Polizeiführer „Nord" versetzt.49
Um die medizinische Versorgung der Mütter und Kinder
wenigstens zeitweise zu gewährleisten, wurde der Zeller Arzt Dr.
Anton Bräutigam als Bereitschaftsarzt im Heim „Schwarzwald"
angestellt.50 Bräutigam erwarb sich, vermutlich auch aufgrund
seiner langjährigen ärztlichen Erfahrung, als versierter Geburtshelfer
die Anerkennung Ebners, der 1944 ein Dankschreiben
an Bräutigam persönlich richtete.51 Allzu häufig dürfte
Bräutigam das Heim jedoch nicht aufgesucht haben, denn er
war im Umkreis kriegsbedingt einer der wenigen noch praktizierenden
Mediziner. Eine Nordracher Schwesternschülerin
bestätigte diese Vermutung: „Aber er war nur ganz selten bei
uns oben, denn er hatte selbst viel Arbeit - er war auch nicht
mehr so jung."52
Am 19. Mai 1943 trat der dänische Waffen-SS-Freiwillige53
Dr. Kai Bissing in den Dienst des Heimes „Schwarzwald".54
Doch Bissing hatte weder Interesse außerhalb Dänemarks noch
für den Lebensborn tätig zu sein.55 Da im November 1943 im
belgischen Lebensbornheim „Ardennen" sowohl ein Arzt als
auch eine Hebamme fehlten und das Heim „Schwarzwald" nur
gering belegt war, versetzte Ebner Bissing am 9. November.56
Zusätzlich zu einem festen Heimarzt sollte jedes Lebensbornheim
über einen ärztlichen Fachberater verfügen. Die
Nähe der Reichsuniversität Straßburg zur SS sowie die Tatsache,
dass in der näheren Umgebung von Nordrach keine Kliniken
mit renommierten Pädiatern lagen, dürfte ausschlaggebend
dafür gewesen sein, dass der Lebensborn e. V. auf die Kinderkli-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0348