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Dorothee Neumaier
sonderer Beobachtung. Eine Nordracher Mutter hatte beispielsweise
für ihr Frühgeborenes ab der achten Woche nur noch
ganz kleine Milchmengen von 50 bis 60 Gramm täglich, sodass
das Mädchen zusätzlich mit abgepumpter Frauenmilch und
Buttermilch ernährt wurde.115
Da im Heim „ Schwarzwald" aufgrund der geringen Stromversorgung
kein elektrischer Eisschrank aufgestellt werden
konnte, wurde das Kühlhaus im Keller des Gebäudes samt eigener
Eisbereitung genutzt.116 Überschüssige Frauenmilch wurde
in eine sterile Flasche abgespritzt und in der Eisbereitungsanlage
des Kühlhauses eingeeist.117 Mit diesem Vorgehen konnte
man auch nach 18 Tagen auf „tadellos frische Frauenmilch"118
zurückgreifen. Sofern eine Mutter überschüssige Milch hatte,
konnte sie diese abpumpen und der Säuglingsabteilung gegen
ein Entgelt zur Verfügung stellen. Voll stillende Mütter, die
überschüssige Milch für andere Kinder abgaben, durften länger
als sechs Wochen im Heim bleiben. In solchen Fällen konnte
der Heimleiter den Aufenthalt bis zu zwölf Wochen ausdeh-
119
nen.
Mütter, die sich der Stillpflicht tatsächlich entzogen, waren
für eine weitere Aufnahme in einem Lebensbornheim ungeeignet
und erhielten intern eine schlechte Bewertung, welche den
Entzug sämtlicher Privilegien (Unterstützung bei einer Woh-
nungs- oder Arbeitssuche etc.) nach sich zog.
Neben Muttermilch gehörte Calciummilch zu der Standardernährung
im Heim „Schwarzwald".120 Weitere Angaben über
die Ernährung der Säuglinge und Kleinkinder lassen sich den
Farbtafeln entnehmen. Im Dezember 1943 wurden an alle Lebensbornheime
mit einem begleitenden Rundschreiben Farbtafeln
, auf denen die zu verwendenden Farben pro Nahrungsmittel
verzeichnet waren, verschickt.121 Alle Eintragungen im
Lebensborn mussten fortan einheitlich geführt werden. Den
Bestandteilen der Ernährung wurden unterschiedliche Farben
und Schraffierungen (schräge Striche, Punkte etc.) zugeordnet,
die Rückschlüsse über die Ernährungsform liefern.122 Frauenmilch
, entfettete oder zentrifugierte, erhielt die Farbe Rot, Kuh-
und Magermilch Blau, zusatzfreie Buttermilch und Buttermilch
mit 2% Mehl und 5% Zucker Hellgrün. Mit brauner
Farbe wurden Hafer- oder Reisschleim sowie Mehl- oder Mondaminabkochung
gekennzeichnet. Halbmilch-Haferschleim
und Halbmilch-Mehlabkochung wurden braun-blau schraffiert
. Einbrenne von circa einem halben Liter Milch erhielt als
Buttermehlnahrung [sie] die Farbe Violett. Buttermilch-Einbrenne
wurde schraffiert. Mit schwarzer Farbe markierte man
Säurevollmilch und mit Orange Malzfugge. Gemüsebrei wurde
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