http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0376
Nach dem Holocaust: „Mörder unter uns" in Offenburg
Jude herbeigeführt, der sich in Wielka Poremba versteckte. Der
Jude hielt sich bei meiner Schmiede etwa 1 Stunde auf. Die Ehefrau
bewirtete ihn mit einer Suppe und gab ihm Obst. Gegen die
12. Stunde kam Gendarm Ruby, nahm den Juden mit und führte
ihn vor das Kellergeschoss, befahl ihm hinzuknien und schoss in
ihn. Er tötete ihn. Ich sah dies. Ich stand vor der Schmiede, beobachtete
dies aus einer Entfernung von etwa 100 Metern. Die
Leiche wurde auf den jüdischen Friedhof weggeschafft."
Ruby war also, das ergaben die Untersuchungen und Verhöre
eindeutig, dabei gewesen. Er war von mehreren Zeugen unabhängig
voneinander gesehen und zahlreicher Verbrechen beschuldigt
worden. Doch, wie gesagt, das Verfahren gegen Ruby
wurde 1974 eingestellt, die Vorwürfe der Zeugen konnten nicht
beweiskräftig gemacht werden. Er selbst leugnete jede Tat oder
Tatbeteiligung.
Ruby zog mit seiner Frau am 5.5.1948 als „Gendarm" nach
Durbach, wo er im Grol Nr. 58, später in der ehemaligen Post
gegenüber dem Rathaus wohnte. Kinder hatte das Paar, das
1949 geheiratet hatte, nicht. Im Dezember 1963 wechselte er
von Durbach nach Offenburg, wo er in der Witschstraße
wohnte. Seine letzte Berufsbezeichnung war Polizei-Hauptwachtmeister
. Er starb am 20.2.1985.5 Sein Wissen um die eigenen
Verbrechen nahm er mit ins Grab.
Epilog
Seit 1958 existiert in Ludwigsburg die „Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen
zur Aufklärung nationalsozialistischer
Verbrechen". Die Ergebnisse der Ermittlungen werden von den
örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften verwertet. Ca. 7500
Vorermittlungsakten hat die Zentralstelle seit ihrer Gründung
an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiter geleitet. Vieles
davon versickerte aber ohne Folgen für die Betroffenen in Behördenschränken
. Grund dafür war sicher, dass der Bundesgerichtshof
in einem grundlegenden Urteil in den sechziger Jahren
verlangt hatte, dass dem Angeklagten eine konkrete Tatbeteiligung
nachgewiesen wird. Allein die Tätigkeit als Aufseher
in einem Konzentrationslager, dessen Zweck nicht ausschließlich
die Tötung von Menschen gewesen sei, war nach dieser
Rechtsprechung nicht ausreichend für eine Verurteilung wegen
Beihilfe zum Mord (BGH, Urteil v. 20.2.1969, 2 StR 280/67).
Aber es gibt zu denken: Anfang der 60er Jahre waren 80%
der am BGH tätigen Richter Personen, die bereits in der NS-Zeit
als Richter an deutschen Gerichten geurteilt haben. Es liegt
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