Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
97. Jahresband.2017
Seite: 382
(PDF, 82 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0383
382 Wolfgang M. Gall, Carmen Lötsch

Manche Wir-Gruppen und Neigungsgemeinschaften lösen sich
durch Mobilität und Wandel der Lebensphasen immer wieder
auf und werden durch neue ersetzt.

Vergleichbares lässt sich auch für die Identität von Gesellschaft
und gesellschaftlichen Gruppen feststellen. Stark verkürzt
können wir sagen: Im Laufe der Zeit erleben Mitglieder
einer Gruppe ähnliche und vergleichbare Geschichten. Diese
werden durch gegenseitiges Erzählen, durch Interpretation und
Kommentierung zum Teil der gemeinsamen Identität. Mündlich
tradiert oder schriftlich fixiert gehen sie in das kollektive
Gedächtnis der Gruppe ein.

Auch eine Stadtgesellschaft ist eine solche Gruppe und verfügt
in besonderem Maße über ein gemeinsames, ein kollektives
Gedächtnis. Die hier gespeicherten Geschichten und der
gemeinsame Umgang damit bestimmen in hohem Maße die
Identität einer Stadtgesellschaft und damit das Zugehörigkeitsgefühl
ihrer Bürgerinnen und Bürger. Durch öffentliche Einrichtungen
wie Archive, Museen, Bibliotheken werden die als
gemeinsam empfundenen Erinnerungen in Form von Objekten
und Dokumenten gespeichert und der Bürgergesellschaft
zugänglich gemacht - gemeinsame Erinnerungen werden so
quasi institutionalisiert.

Doch Vorsicht: Der Rekurs auf die eigene Geschichte wirkt
nicht automatisch in einem positiven Sinne. Er kann auch eher
ambivalent verlaufen. Er liefert, wie sich am Beispiel der sogenannten
„Dolchstoßlegende", an den Bürgerkriegen auf dem
Balkan zu Beginn der 1990er Jahre oder der Entwicklung um
die Krim zeigen lässt, unter Umständen auch den Stoff für aggressive
Mythenbildungen, die in kriegerische Konflikte münden
können. Identitätsstiftung kann zugleich sowohl gefährlich
als auch überlebenswichtig sein. Je nachdem, ist sie Mittel
zum Schüren von Gewalt oder zur Paziftzierung und Gewaltprävention
.

Auf kommunaler Ebene ist die Auseinandersetzung mit der
Erinnerungskultur im Stadtarchiv verortet, das schon von Gesetzes
wegen für die Überlieferung des Verwaltungshandelns -
durch die Archivierung von Dokumenten - verantwortlich ist.
Neben der Bewahrung des städtischen Schriftgutes betrachtet
das Archiv das Auffinden und die Übernahme von Unterlagen
als wichtige Aufgabe, die beispielsweise das Wirken von Bürgerinitiativen
in Form von Flugblättern, Plakaten, Protokollen
festhalten oder persönlichen Erinnerungsstücken von Menschen
, die in einer Kommune gewirkt haben. Die Überlieferung
soll dabei möglichst die große Vielfalt gesellschaftlichen
Tuns abbilden.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2017/0383