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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
97. Jahresband.2017
Seite: 389
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Erinnerungskultur in Offenburg: Bilanz und Blick in die Zukunft 389

wegen Kriegsverbrechen und wegen Verbrechen gegen die
Menschlichkeit verurteilten Funktionsträger der Wehrmacht,
der Bürokratie, der Justiz, der Industrie, der SS und der Ärzteschaft
galten für die damalige Bundesregierung ganz überwiegend
als illegitim Verfolgte.

Die am Oberrhein während der französischen Besatzung
(1945-49) durchgeführten Entnazifizierungsverfahren hatten
partiell eine Entfernung von Nationalsozialisten aus städtischen
Behörden zur Folge. In Offenburg sorgte der sogenannte
Synagogenprozess für die Bestrafung eines Teils der verantwortlichen
NS-Funktionäre.

Allerdings führte die im Jahr 1949 durchgeführte Täteramnestie
zu einem erneuten Zustrom ehemaliger NSDAP-Mitglieder
in die Verwaltungen, sodass in manchen staatlichen Behörden
der Anteil der ehemaligen NSDAP-Mitglieder sogar noch
höher wurde als zwischen 1933 und 1945.

Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit wurde in den
1950er Jahren vermieden. Die Häufung antisemitischer Ausschreitungen
und Schmierereien sorgte erst ab 1959 für eine
langsame Kehrtwende. Offenburg kam bundesweit mit dem
„Fall Zind" in die Schlagzeilen. Der Gymnasiallehrer und Vorsitzende
des hiesigen Turnvereins, Ludwig Zind, machte gegenüber
einem Holocaustüberlebenden in einer Gaststätte stark
antisemitische Äußerungen. Es kam zum Prozess. Zind, der
1924 als Jugendlicher zum Kreis der Mitbegründer der örtlichen
NSDAP gehörte, wurde verurteilt, entzog sich jedoch der
Verhaftung durch Flucht nach Libyen. Skandalös war nicht allein
das Verhalten Zinds, der sich von seinen Äußerungen
nicht distanzierte, sondern auch die vielen, teilweise ebenso
antisemitischen Sympathiebekundungen aus der bürgerlichen
Bevölkerung Offenburgs.

Im sogenannten „Schlüsseljahr" 1959 startete eine bildungspolitische
Initiative, in deren Zentrum die demokratische
Bildung und Erziehung stand. Die Schule sollte fortan
zum zentralen (Lern-) Ort für Demokratie und für demokratisches
Denken und Handeln werden und eine „Erziehung nach
Auschwitz" (Max Horkheimer) in Gang setzen. Es handelte sich
dabei um eine transatlantische Initiative, bei der zwischen
1960 und 1971 deutsche Lehrer, Hochschullehrer und Bildungspolitiker
die USA bereisten, um Erfahrungen für Reformen
in den deutschen Schulen zu sammeln und diese zum Ort
des Demokratielernens transformieren zu können.

Bundestagspräsident Norbert Lammert brachte es in seiner
Rede bei der Gedenkfeier des Bundestages am Internationalen
Holocaust-Gedenktag, am 27. Januar 2017, auf den Punkt: „Er-


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